Nachhaltiges Anlegen und der Vorwurf von Greenwashing

Greenwashing bezeichnet den Fall, dass in nachhaltigen Anlageprodukten getätigte Investitionen nachhaltiges Handeln suggerieren, zielführende Massnahmen jedoch nicht oder nur sehr eingeschränkt umgesetzt werden. Gerade bei Investitionen von Privatanlegern im globalen Sekundärmarkt von Aktien und Obligationen an den grossen Börsen bleibt es umstritten, inwiefern die Bevorzugung nachhaltiger Wertschriften zu einer messbaren Wirkung bei der Erreichung sozialer und ökologischer Ziele führen kann. In einzelnen Fällen haben Enthüllungen von sogenannten Whistleblowern aus der Finanzindustrie sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zum Vorwurf des Greenwashings geführt.
Am 29.12.2021 in N° 3/2021 von Dr. Sandro Merino

Im Gespräch mit unseren Kundinnen und Kunden erleben wir täglich, dass der Wunsch in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat, die Wirkungsketten, die Anlagen auslösen, genauer zu verstehen. Im Zentrum steht häufig die Auseinandersetzung mit der Klimakrise. Aber nicht nur der Schutz des Klimas ist zu thematisieren, sondern auch Fragen zur Einhaltung menschenwürdiger und fairer Arbeitsbedingungen oder der Wunsch nach der Bevorzugung von Unternehmen mit integrem Management und einer Führungsstruktur, die frei von fragwürdigen Interessenkonflikten ist. Unser hauseigener Nachhaltigkeitsansatz berücksichtigt neben dem Thema Umwelt auch soziale Kriterien und Fragen der integren Unternehmensführung.

Wirkungsketten in Bezug auf das Klima

Zu den spezifisch für das Klima relevanten Wirkungsketten hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) im November 2020 eine Studie veröffentlicht. In dieser wird ein umfassender Überblick zum wissenschaftlichen Kenntnisstand in Bezug auf die Klimawirkung durch die Massnahmen von Finanzmarktakteuren gegeben. In dem für Privatanleger besonders relevanten Sekundärmarkt findet die Studie wenig belastbare empirische Evidenz für die erwünschte Klimawirkung von Nachhaltigkeitsansätzen, die Ausschlusskriterien (Screening and Divestment) oder die explizite Einbettung von Nachhaltigkeitsaspekten (ESG-Integration) bei der Portfoliokonstruktion berücksichtigen. Dennoch schliesst die Studie nicht aus, dass diese Ansätze künftig mehr Wirkung entfalten könnten, und formuliert entsprechende Bedingungen. So müssten Unternehmen mit schlechter Ökobilanz mit steigenden Kapitalkosten und systematisch tieferen Bewertungen konfrontiert sein. Dass dies heute empirisch noch nicht nachweisbar ist, kann an der aktuell noch geringen globalen Verbreitung von nachhaltigen Anlagen liegen. Und daran, dass die Standards und Vorteile einer nachhaltigen Anlagestrategie zu wenig etabliert und erprobt sind.

Organisationen wie Greenpeace wünschen sich deshalb stärkere staatliche Vorgaben und Präzisierungen von Mindeststandards, besonders wenn Anlageprodukte als nachhaltig oder gar klimaverträglich angepriesen werden.

Können global diversifizierte Anlageprodukte als klimaverträglich angepriesen werden?

Auf der Grundlage eines Mystery-Shoppings bei 19 Banken in der Schweiz, darunter auch die Basler Kantonalbank , hat Greenpeace in einer Studie (Klima-Mystery-Shopping bei Schweizer Banken, Sept. 2021) unter anderem die Klimaverträglichkeit der angebotenen Anlageprodukte bezüglich des 1,5-Grad-Ziels (Beschränkung der Erderwärmung) geprüft. Aus Sicht von Greenpeace war keines der angebotenen Anlageprodukte mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel. Sie kritisieren, dass viele Banken ihre Anlageprodukte dennoch als klimaverträglich darstellen.

Ein solches Leistungsversprechen der Klimaverträglichkeit hat unser Haus für unsere hauseigenen nachhaltigen Anlagestrategien bewusst nicht abgegeben. Greenpeace hat dies in ihrer Studie festgehalten und den Vorwurf, dass wir für diese ungerechtfertigt Klimaverträglichkeit versprechen, nicht erhoben.

Globale Wirtschaft nach wie vor stark von fossiler Energie abhängig

Dass die heutige Energieversorgung, trotz deutlichem Wachstum bei den erneuerbaren Energien, global betrachtet hauptsächlich auf fossiler Primärenergie beruht, ist eine sehr unbequeme Tatsache. Um einen Eindruck davon zu erhalten, was die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens bedeuten würde, hilft das folgende Gedankenexperiment: Der unfreiwillige Rückgang der weltweiten Treibhausgasemissionen aufgrund der Pandemie-Lockdowns betrug im Jahr 2020 etwa 6 %. Dieser müsste für die kommenden 25 Jahre in jedem einzelnen Jahr wiederholt werden. Das hiesse für 2021, dass auf Basis des reduzierten Ausstosses von 2020 die Emissionen wieder um einen Pandemieeffekt in der Grössenordnung von 4 % bis 6 % reduziert werden müssten. Gleiches gilt für die Folgejahre.

Auch der wissenschaftliche Befund aus dem jüngsten IPCCBericht (IPCC-AR6, Aug. 2021), dass bestenfalls kumuliert insgesamt noch etwa 1000 Gigatonnen CO₂ ausgestossen werden können, bevor die 2-Grad-Grenze irreversibel überschritten wird, ist bedrohlich – besonders vor dem Hintergrund eines jährlichen weltweiten Ausstosses von etwa 40 Gigatonnen und einer Jahr für Jahr noch steigenden Tendenz.

Unserem eigenen Anlageausschuss ist diese Problematik bewusst. Eine aus Risikoüberlegungen notwendigerweise sehr breit diversifizierte Anlage in den Sekundärmärkten kann heute kaum als klimaverträglich bezeichnet werden. Dies schon deshalb, weil die hoch vernetzte globale Wirtschaft derzeit aufgrund ihrer offensichtlich nicht klimaverträglichen Energieversorgung selbst nicht klimaverträglich ist. Ob eine integrale Klimaverträglichkeit der Weltwirtschaft in wenigen Jahrzehnten hergestellt werden kann, ist aus Sicht der Wissenschaft für die Menschheit eine Frage von existenzieller Tragweite.

Hoffnung auf Veränderung der Kapitalkosten nicht gänzlich unbegründet

Entsprechend war uns bei der Konzeption unserer nachhaltigen Anlagen klar, dass wir nur einen sehr bescheidenen, vielleicht nur symbolischen Beitrag zur Milderung der Klimakrise leisten können. Dass wir davon abraten, in Unternehmen zu investieren, die Kohlekraftwerke betreiben oder ungebremst zusätzliche fossile Förderkapazitäten ausbauen, ist aber keine nachweislich wirksame Lösung des Klimaproblems. Andererseits tragen wir zumindest dazu bei, die Tragweite des Problems zu beleuchten und im Rahmen unserer begrenzten Handlungsoptionen Angebote zu unterbreiten und weiterzuentwickeln.

Nachhaltiges Anlegen ist auch aus Risikosicht empfehlenswert

Dennoch besteht die Hoffnung, dass ein verändertes Investorenverhalten auch die Kapitalkosten künftig systematisch lenken kann, so wie es auch die BAFU-Studie zumindest thematisiert. Zudem sind die Anlagerisiken beträchtlich, wenn man in Anbetracht des erwarteten Umbaus der globalen Energieversorgung an wenig zukunftsorientierten Wirtschaftszweigen festhält. Und auch rein egoistische Motive im Sinne des Schutzes des eigenen Vermögens können durchaus für einen Ausstieg aus bestimmten Unternehmen und für nachhaltigere Anlageentscheide sprechen.

Finanzierung des Umbaus der Energieversorgung eröffnet neue Anlagemöglichkeiten

Zur Erreichung der Klimaziele muss der Umbau der Energieversorgung finanziert werden. Soll die Staatsverschuldung nicht erhöht werden, könnten staatliche oder private Zweckgesellschaften die Finanzierungsfunktion künftig stärker tragen. Durch Emission von zweckgebundenen Anleihen (Green Bonds) besteht die Möglichkeit, dass derartige Anlagen eine noch grössere Bedeutung erlangen. Solche Entwicklungen werden auch unsere nachhaltigen Anlageprodukte künftig beeinflussen. Die Basler Kantonalbank hat in den vergangenen Jahren einige Emissionen von Green Bonds begleitet.

Trotz zum Teil berechtigter Kritik empfehlen wir dezidiert nachhaltige Anlageformen

Insgesamt betrachten wir unser heutiges Angebot an nachhaltigen Anlageprodukten im globalen Sekundärmarkt als sinnvoll und entwicklungsfähig. Wir versuchen, für begründete Kritik offenzubleiben. Unser hauseigener Anlageansatz wird laufend hinterfragt und an neue Entwicklungen angepasst. Wir empfehlen jeder Kundin und jedem Kunden – auch nach Abwägung berechtigter Kritik an manchen Produkten – die Wahl nachhaltiger Anlagen. Eine Anlagestrategie, die konsequent auf Unternehmen setzt, die im Vergleich zu Konkurrenten eine bessere ESG-Performance aufweisen, ist sinnvoll. Sie bereitet ein Anlageportfolio auf künftige Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit vor. Davon sind wir überzeugt.

Welche Anlagestrategie ist für Sie die richtige? Unsere Kundenberatenden zeigen Ihnen gerne auf, welche Möglichkeiten Sie haben.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.

Rechtliche Informationen

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