Die gestern angelaufenen Auszahlungen der Covid-19-Kredite an Schweizer Unternehmen (kleine und grosse) im Rahmen der Notverordnung zur Gewährung von Krediten mit Solidarbürgschaften des Bundes sind gestern schweizweit bei 113 Bankfilialen die am Programm teilnehmen, offenbar auf starke Nachfrage seitens der Unternehmer gestossen. Genauere und aussagekräftige Zahlen zum Umfang der bisher gewährten Kreditsumme dürften in der nächsten Woche bekannt werden. Ich muss es heute wieder sagen: Ich bin sehr stolz darauf, dass auch unser Konzern an diesem schnell und effizient umgesetzten Programm teilnimmt. Deutschland setzt über die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) auch ein ähnliches Programm auf.
In Italien hat der Oppositionsführer Matteo Salvini im Parlament das Schweizer Modell, das mit einem einseitigen Formular auskommt, als das gepriesen was Italien jetzt wirklich dringend brauchten würde. Vielleicht, hat der vor allem für bissige polemische Kommentare und weniger für konstruktive Vorschläge beliebte Oppositionsführer damit sogar recht. Fraglich bleibt, ob dies in Italien wirklich ein gangbarer Weg wäre.
Neun EU-Staaten fordern Corona-Anleihen
In Europa haben neun Staaten (Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Luxemburg, Griechenland, Slowenien, Irland) einen Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, geschrieben, in welchem sie die Ausgabe von EU-Corona-Anleihen fordern. Mit anderen Worten, es sollen Eurobonds emittiert werden. Deutschland, die Niederlande und andere Staaten haben diesen Vorschlag, wie schon immer in der Vergangenheit, höflich aber entschieden abgelehnt.
Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM) soll aber seine Kasse öffnen und günstige Kredite vergeben. Die Rede ist beim ESM von 2% der nationalen Wirtschaftsleistung. Das wären für Italien etwa 35 Milliarden Euro zu 0.25% statt aktuell 1.3% für normale Staatsanleihen, bei einer Laufzeit von 10 Jahren. Das ergibt also eine Zinsersparnis für Italien gegenüber der normalen Ausgabe von Anleihen, EU sei Dank, von ca. 350 Millionen pro Jahr. Mit Hinblick auf den fast dreistelligen Milliarden Betrag als Finanzierungslücke die sich in Italien auftut, nicht mal ein Tropfen auf den heissen Stein. Ländern wie Frankreich mit noch tieferen Refinanzierungskosten bei ihren nationalen Staatsanleihen bringt das noch weniger.
Coronavirus: Wie sehr schadet er der EU langfristig?
Somit wenig verwunderlich, dass die Wortwahl von Ursula Gertrud von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, die mit blumigen Worten zu weniger Egoismus und mehr gemeinsam koordinierter und getragener Krisenbewältigung in der EU aufruft, in Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich wie blanker Hohn wahrgenommen werden. Viele Analysten beschwören wegen diesen Spannungen den Coronavirus als EU-Killer herauf. Soweit gehe ich nicht, aber es ist klar, dass es hinter den Kulissen heftig brodelt. Tatsache ist, trotz schöner Worte, in Europa ist bisher jedes Land auf sich alleine gestellt und gutgemeinte Apelle von EU-Spitzenkader wirken so hilflos, blass und kraftlos wie kaum je zuvor.
Einzig die Europäische Zentralbank tut, nach anfänglichen Pannen, was sie kann und hält die EU zusammen. Sie kaschiert durch Anleihen-Käufe die Zinsdifferenzen zwischen den Ländern. Dass dabei die Fiskalunion indirekt über die Währung schleichend stattfindet, ist eine heisse Kartoffel, die niemand anzusprechen wagt. Dieses Thema würde an der Existenzgrundlage des Euros rütteln und daran rüttelt man im Moment besser nicht.
EU steht (längerfristig) vor Zerreisprobe
Die unausweichliche deutliche Ausweitung der Staatsverschuldung vieler bereits stark verschuldeter Länder, insbesondere unter den grösseren Volkswirtschaften Italien, Spanien und Frankreich, stellt die EU noch nicht akut vor eine Zerreissprobe. Die Spannungen haben deutlich zugenommen. Spätestens nach der Corona-Krise wird das Thema jedoch nicht mehr zu verdrängen sein.
USA gründet virtuelle Kreditbank
In den USA tritt derzeit der Präsident der US-Notenbank Jerome Powell Abends in Talkshows auf und verkündet, dass alles gut wird, denn die Fed hat unbegrenzte Mittel. Historisches tut sich auf. Die US-Notenbank erhält ca. 450 Milliarden USD Eigenkapital aus dem US-Steuerdepartement und gründet damit eine neue Kommerzbank. Ein Detail fehlt noch: Diese Bank hat noch keine Spareinlagen. Kein Problem, diese kann die US-Notenbank einfach drucken. Wirkt das wie ein Zaubertrick? Es ist einer und heisst Helikoptergeld. Mit dieser virtuellen Kreditbank kann die Fed legal, zumindest theoretisch, bis zu 4'000 Milliarden = 4 Billionen USD an Kreditvolumen vergeben
Viele Versprechen, wenig Geld aufs Konto
Wie kommt jetzt der Restaurantbesitzer in Manhattan zu seinem Kredit? Mit einem einseitigen Formular wie in der Schweiz? Nein, die neue Kommerzbank der Fed rät Unternehmen kurzfristige Schuldverschreibungen zu emittieren. Vielleicht kann der New-Yorker Restaurantbesitzer einen unterbeschäftigten Wall-Street Investment Banker finden, der für ihn eine Anleihe strukturiert. Leider würden ihn das mehr kosten, als das Restaurant in den nächsten 100 Jahren an Umsatz macht. Möglicherweise macht dies dann die Stadt New York für alle gemeinsam, dann kann man sich die Anleihen Strukturierungs-Gebühren für "commercial paper" besser leisten. Ein einseitiges Formular wäre da besser, aber vielleicht findet das der Investment Banker nicht ideal. Aus unserer Sicht könnte die Ankündigung der Fed, dass unlimitierte Mittel bereitgestellt sind, für kleine Unternehmen bloss "fake news" sein. Also viele Versprechungen und schöne Worte, am Ende aber wenig Geld aufs Konto - jedenfalls nicht rasch.
3.3 Millionen Arbeitslosenanträge in einer Woche
Wirkliche "bad news" sind hingegen die gestrigen US-Erstanträge auf Arbeitslosengeld (initial jobless claims). In einer einzigen Woche 3.3 Millionen neue Anträge auf Arbeitslosigkeit - das ist fünf Mal mehr als in der schlimmsten Woche der Finanzkrise 2008/2009. Wir erwarten, dass diese Rezession die Unzulänglichkeit des US-Sozialsystems schonungslos und dramatisch blosslegen wird.
Die Pandemie breitet sich in den USA derweil weiter aus. Die Anzahl bestätigter Ansteckungen hat jene in Italien und China bereits übertroffen, zum Glück sind bisher in den USA die Todesopfer nicht in gleicher Proportionalität wie in Europa zu beklagen. Auch in Italien und Spanien bleibt die Lage dramatisch und ein Ende der dramatischen Gesundheitskrise ist somit leider noch nicht absehbar.
Entwicklung an den Aktienmärkten
Am heutigen Freitag eröffnen die weltweiten Aktienmärkte negativ. Die europäischen Aktienmärkte liegen aktuell etwa 2% bis 4% im Minus. Der Schweizer SMI Index ist aktuell ebenfalls ca. 1.5 % im Minus. Auch für die US-Aktienmärkte wird heute, eine moderat negative Eröffnung erwartet.
US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 19% bis 21%, europäische Aktien etwa 26%, Schweizer Aktien etwa 15% und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 9% (alle Zahlen per 27.3.020 ca. 12:15, Verluste in CHF bewertet).
Angst ist kein guter Ratgeber
Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Wir werden Sie dabei weiter laufend informieren. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.
Rechtliche Informationen
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