Der von den Epidemiologen erwartete starke Anstieg der Infektionsinzidenzen für den Herbst und Winter ist mit sehr hohen Inzidenzen in Österreich, Deutschland und den Niederlanden eingetreten. Die untenstehende Grafik (Abb.1) erlaubt einen Vergleich der 7-Tages Fallzahlen pro Million Einwohner und zeigt, wie heterogen die Entwicklung in verschiedenen Ländern der EU verläuft. Die Inzidenzzahlen für die Schweiz liegen aktuell auf ähnlichem Niveau wie für Deutschland.

Abbildung 1: Inzidenz pro 1'000'000 Einwohner im 7-Tages Durschnitt, d.h. pro Tag gemittelt. Vorsicht beim Vergleich verschiedener Einheiten!
Quelle: Oxford Economics / ECDC / OWID
Insbesondere beginnt in Österreich ein 20-tägiger landesweiter Lockdown, aber auch in Deutschland sind lokal (Bezirke in Bayern und Sachsen) erneute Lockdowns in Kraft getreten. Im Baltikum und in osteuropäischen Ländern (Tschechien, Bulgarien) sind die Fallzahlen ebenfalls stark gestiegen.
Dabei ist der Zusammenhang zwischen einer jeweils grossen Impflücke und einem entsprechend starkem Anstieg der Infektionen und Hospitalisierungen augenscheinlich. Präzisere und wissenschaftlich fundierte Aussagen zu diesem Zusammenhang, müssen aber in entsprechenden Fachpublikationen vertieft werden.
Für Deutschlands Gesundheitssystem wird die Lage zunehmend dramatisch. Die nächste Grafik (Abb.2) zeigt, die inzwischen deutlich gefallene Zahl an noch freien betreuten Intensivbetten. Ob die nun getroffenen Massnahmen (3G, 2G, 2G+) rasch genug wirken können, um eine Notbremsung mittels eines flächendeckenden Lockdown noch zu verhindern, bleibt derzeit sehr unsicher.

Abbildung 2: Auslastung der Kapazitäten an betreuten Intensivbetten in deutschen Bundesländern.
Quelle: DIVI-Intensivregister und SWR.
Trotz ähnlich hoher Fallzahlen wie in Deutschland, liegt die Hospitalisierungsrate (innerhalb von jeweils 7-Tagen kumulierte Inzidenz der Hospitalisierungen pro 100'000 Einwohner, Abb.3) in der Schweiz bei einem Wert von etwa 1.5. Diese liegt also noch deutlich unter dem aktuellen Wert für Deutschland, welcher bei etwa 5.3 (Quelle: Robert Koch Institut). Ein weiterer Anstieg dieser Rate ist aber in der Schweiz derzeit zu befürchten.

Abbildung 3: Hospitalisationsverlauf für die Schweiz.
Quelle: BAG.
Bemerkung: Bei der Kurve zum 7-Tage Schnitt handelt es sich um kumulierte Fälle über einen (rollenden) 7-Tage Zeitraum pro 100'000 Einwohner. Der in obiger Legende verwendete Begriff "7-Tage-Schnitt" ist etwas unpräzise und kann somit irreführend sein.
Auch wenn in der Schweiz eine Überlastung der Spitäler derzeit nicht unmittelbar absehbar scheint, hat die internationale Erfahrung der letzten Wochen erneut bewiesen, wie dynamisch die Situation sich verändern kann.
Bremsung der konjunkturellen Dynamik in der EU
Die Verschlechterung der epidemiologischen Lage und die beschlossenen Gegenmassnahmen werden sich negativ auf den privaten Konsum in vielen Ländern Europas auswirken. Neben dem Inflationsimpuls und den Störungen in den Lieferketten also erneut schlechte Nachrichten für eine an und für sich sehr robuste Konjunktur.
Die Aktienbörsen reagieren derzeit nicht sehr sensitiv auf diese negative Entwicklungen. Die Pandemie ist aber wieder relevanter für die Entwicklungen an den Finanzmärkte geworden. Entsprechend verfolgen wir die Lage sehr aufmerksam. Die in dieser Woche erwarteten Veröffentlichungen verschiedener Einkaufsmanager Indices für die Eurozone werden aufzeigen, wie stark die konjunkturellen Erwartungen durch die Entwicklung der Pandemie bereits gedämpft wurden.
Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie
Die Woche beginnt an den Finanzmärkten eher ruhig. Sowohl der SMI als auch der DAX sind praktisch unverändert. Für die US-Aktienindices wird heute eine freundliche aber wenig veränderte Eröffnung erwartet. (Stand ca. 14:00, 22.11.2021, Basel Zeit)

Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
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