Corona-Krise: Globale Entwicklungen und Wachstumsperspektiven

Weltweit gibt es mehr als zwei Millionen Corona-Infizierte: Wie ist die Lage in Europa, Asien und den USA? Wie entwickeln sich die Aktienmärkte? Wie schlimm wird die Rezession, wie gross das folgende Wachstum? Das Update von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino in der heutigen Telefonkonferenz für Anlagekunden.
Am 16.04.2020 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino

Transkript der Telefonkonferenz mit Anlagekunden vom 16. April 2020

Einführung

In der heutigen Telefonkonferenz möchte ich vor allem auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und auf das Geschehen an den Finanzmärkten eingehen. Insbesondere auch auf die Auswirkungen auf Ihre Vermögensverwaltungs-Mandate und Anlagelösungen der Basler Kantonalbank. Diese Anlagestrategien werden durch mein Team unter meiner Leitung bewirtschaftet.

Humanitärer Aspekt

Als erstes möchte ich betonen, dass bei der aktuellen Krise auch für uns in der Vermögensverwaltung, an allererster Stelle die Sorge um die Gesundheit der Menschen und unser Mitgefühl für das grosse menschliche Leid, das die Epidemie verursacht steht. Unser allerhöchster Respekt gebührt dabei allen Pflegekräften, Ärzten und anderen Helfern, die sich persönlich und mutig für die Linderung menschlichen Leids einsetzen.

Ich bin auch stolz darauf, dass auch die Basler Kantonalbank am kantonalen und nationalen Unterstützungsprogramm mittels Kredite für KMUs teilnimmt. Schweizweit ist das Volumen an Krediten, vor allem für Beträge unter 500'000 CHF bereits auf etwa 16 Milliarden Franken angestiegen.

Evolution der Pandemie

Seit unserer letzten Telefonkonferenz am 9. April hat die Anzahl weltweit registrierter Infektionen heute die zweite Million überschritten. Das Epizentrum der Pandemie liegt nunmehr zwei Wochen in den USA. In Europa werden die Regierungen in den nächsten Tagen und Wochen erste Schritte zur Lockerung der Einschränkungen beschliessen. In der Schweiz wird heute der Bundesrat seine Strategie bei der Normalisierung in einer Pressekonferenz vorstellen.

China und andere Länder in Asien

In asiatischen Ländern wie China, Japan, Südkorea oder Taiwan konnte ein erneutes Ansteigen der Infektionsfälle, also eine sogenannte zweite Epidemie-Welle, trotz erheblicher Lockerung der Quarantäne Massnahme, bisher verhindert werden. Insgesamt haben Taiwan, Südkorea und Japan zusammen weniger als 500 Todesfälle zu beklagen. Auch in asiatischen Ländern mit schwächerer Wirtschaft, wie in den Philippinen, ist die Anzahl der registrierten Todesopfer des Coronavirus mit etwa 350 Menschen viel tiefer als in europäischen Ländern mit ähnlich grosser Bevölkerung. Die Philippinen haben etwa 100 Millionen Einwohner. Das ist nur leicht weniger als die Bevölkerung von Italien und Spanien zusammen.

Man kann die offiziellen Zahlen aus verschiedenen Ländern nicht ohne weiteres miteinander vergleichen. Wir warnen auch davor voreilige Schlüsse zu ziehen, aber es ist klar, dass auch die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Pandemie zu einem besseren Verständnis führen sollte, wie man die Bevölkerung optimal schützen kann. Die Bekämpfung des Coronavirus Epidemie scheint in Asien bisher recht erfolgreich gewesen zu sein. Obwohl Zweifel an den offiziellen Zahlen, beispielsweise jener aus China bleiben, scheint sich die Normalisierung der Wirtschaft in grossen Teilen Asiens fortzusetzen. 

Schweiz und Europa

In der Schweiz warten wir mit Spannung auf die Vorschläge des Bundesrates und auf den Zeitplan für die Umsetzung der Lockerungen.

In Europa gehen Österreich und Dänemark schon diese Woche in eine neue Phase über, in der Teile der Wirtschaft aktiviert werden. Beispielsweise wurden in Dänemark Kinderkrippen und Schulen bereits wieder geöffnet.

In Deutschland und Italien wird man mindestens bis Anfang Mai noch zuwarten müssen, bis Lockerungen umgesetzt werden.

Hingegen wurde in Schweden oder den Niederlanden ein deutlicher Anstieg der Todesopfer beobachtet. Diese Länder hatten lange gezögert, strikte Quarantänemassnahmen staatlich anzuordnen. Die Niederlande haben inzwischen deutlich über 3000 Todesopfer zu beklagen, das sind ähnlich viele wie in ganz Deutschland.

In Frankreich und Grossbritannien müssen die strikten Massnahmen hingegen noch länger aufrechterhalten werden. Die Zahl der neuen Infektionen befindet sich noch auf zu hohem Niveau und geht nur langsam zurück. Der Französische Präsident Macron hat am Montag die Ausgangssperre bis zum 11. Mai verlängert.

Insgesamt ergibt sich für Europa ein gemischtes Bild und es dürfte bis Ende Mai dauern, bis sich in ganz Europa die Situation signifikant verbessert hat. Insbesondere wird dies wohl dazu führen, dass die Grenzen und der Flugverkehr in Europa noch längere Zeit strikten Beschränkungen unterworfen bleiben.

USA

In den USA wurden inzwischen über 600'000 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet und es sind über 26'000 Menschen an der Lungenkrankheit gestorben. Die Anzahl registrierter Infektionen wird bis anfangs Mai auf über eine Million ansteigen und die Zahl der Todesopfer wird bis dann wohl auf etwa 40'000 angestiegen sein.

Derweil steigt die Kritik der Gouverneure der einzelnen US-Bundesstaaten am Krisenmanagement des Präsidenten Donald Trump. Mindestens neun US-Bundesstaaten, darunter New York, Kalifornien und Pennsylvania haben sich vorbehalten Lockerungsmassnahmen die der US-Präsident angekündigt hat, nur dann umzusetzen, wenn sie keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen würden.

Immer noch sterben in diesen Tagen in den USA über 1400 Menschen pro Tag an der Corona-Krankheit. Die USA befinden sich im Verlauf der Epidemie zeitlich wohl etwa dort, wo sich Italien etwa vor einem Monat befand, als die Anzahl Todesfälle endlich den Höhepunkt durchlaufen hatte. Entsprechend ist eine verantwortungsvolle Normalisierung der Situation in den USA kaum vor anfangs Juni realistisch. Dies ist kaum mit den unrealistischen Hoffnungen zu vereinbaren, die der US-Präsident in diesen Tagen erneut verbreitet.

Globale Situation

Aus globaler Sicht betrachtet, durchläuft die Pandemie wohl gerade ihren Höhepunkt. Die Hoffnung, dass wir bis Mitte Juni in den meisten Teilen der Welt eine relative Normalität erreichen können, bleibt aber berechtigt. Dabei wird nach Asien nun als nächstes Europa graduell und wohlüberlegt die nächsten Schritte in diese Richtung wagen müssen.

Verlust an den Aktienmärkten - Währungen

Die Aktienmärkte haben sich seit unserer letzten Telefonkonferenz vor einer Woche wenig bewegt. Insgesamt haben die globalen Aktienmärkte im April etwa 1%-6% zugelegt. Der Schweizer Aktienmarkt hat dabei im Vergleich zu US-Aktien und Schwellenländern im April bisher nur wenig zulegen können. Seit Jahresanfang hat der Schweizer Aktienindex SMI aktuell etwa 12% verloren. Auch die US-Aktienmärkte verlieren seit Jahresanfang etwa 16%, Gesamt-Europäische Indices etwa 25% und chinesische Aktien etwa 7%.

Die Lage an den Finanzmärkten ist also wiederum leicht besser als noch vor einer Woche, anlässlich der ersten Telefonkonferenz dieser Serie. Auch der Wechselkurs des Schweizer Frankens zum Euro und zum US-Dollar hat sich seit unserer letzten Telefonkonferenz nicht wesentlich verändert.

Folgen für die Wirtschaft

In unserer letzten Telefonkonferenz vom 9. April habe ich die erwarteten Auswirkungen der wirtschaftlichen Rezession auf die Niveaus der Staatsverschuldung und die Arbeitslosigkeit diskutiert. Es ist dabei klar geworden, dass die Auswirkungen für verschiedene Länder, selbst innerhalb Europas wohl recht verschieden ausfallen werden.

In der heutigen Telefonkonferenz möchte ich auf die Wachstumsperspektiven für 2020 und 2021 eingehen. Zu diesem Thema hat am vergangenen Dienstag der Internationale Währungsfonds seine Prognosen kommuniziert. Diese Zahlen möchte ich als Basis für eine erste Einordnung der Situation verwenden.

Aus heutiger Sicht wenig überraschend, sind die vom IWF erwarteten Auswirkungen auf die globale Wirtschaftsleistung wesentlich gravierender, als jene der Finanzkrise 2008/2009. Der IWF erwartet, dass die globale reale Wirtschaftsleistung (globales GDP), approximiert durch Addition der nationalen Bruttosozialprodukte, im Jahr 2020 um 3% schrumpft und sich dann anschliessend in 2021 vom tieferen Niveau aus, um 5.8% wieder erholt. Vor Ausbruch der Corona-Krise war die Erwartung, dass die Weltwirtschaft in beiden Jahren 2020 und 2021 real um je etwa 3% wachsen würden. Legt man als Basis eine globale Wirtschaftsleistung von ca. 90 Billionen USD für 2019 zugrunde, dann ergibt dies über zwei Jahre kumuliert eine wirtschaftliche Auswirkung (Kosten) der Corona-Pandemie von etwa neun Billionen USD. Das ist etwas mehr, als die in USD ausgedrückte Wirtschaftsleistung Deutschlands und Japans im Jahr 2019. Diese Zahl zeigt auch, dass ohne die Billionen-schweren Stützungsmassnahmen aus den Staatsbudgets, eine globale Wirtschaftskrise mit tiefgreifenden sozialen Folgen nicht abgewendet werden könnte.

Auch für die Schweiz stellt der IWF eine Wachstumsprognose für 2020 und 2021. Die Rezession in der Schweiz für 2020 wird mit einer Schrumpfung von etwa 5% im realen BIP quantifiziert und die Erholung in 2021 bei etwa +4% geschätzt. Damit wäre die Schweiz etwas weniger negativ betroffen als die Nachbarstaaten. Diese Zahlen zeigen aber auch, dass die Kosten der Pandemie auch für die Schweiz im Bereich von 70 Milliarden CHF liegen werden. Somit erwarten wir, dass weitere Bundesmittel auch in der Schweiz notwendig sein werden, um die Folgen der Rezession zu mildern.

Auch die anderen Industrienationen in der EU und die USA werden gemäss IMF Schrumpfungen ihrer Wirtschaftsleistung in 2020 im Bereich von 5% bis 9% hinnehmen müssen. Indien und China als Beispiele unter den wenigen Ländern mit positivem Wachstum in 2020 werden, gemäss IWF Prognose, mit etwa 1.9%, respektive 1.2% wachsen.

In der Bankenkrise und der dadurch ausgelösten globalen Wirtschaftskrise 2008/2009 gab es 2009 keine Schrumpfung der Weltwirtschaft als Ganzes, sondern lediglich eine Stagnation. Nur in der Grossen Depression der 1930er Jahre fiel die Wirtschaftsleistung in einem einzelnen Jahr noch stärker, etwa um 10%. Im Lichte dieser Entwicklungen stellt auch der IWF eine Kreditfazilität von einer Billion USD zur Verfügung, welche vor allem die schwächeren Volkswirtschaften durch Kredite unterstützen soll.

Empfehlungen zu Aktien einzelner Unternehmen

Eine ausführliche Diskussion der Aktien einzelner Unternehmen sprengt leider den Rahmen dieses Formats. Wir aktualisieren aber laufend unsere Empfehlungslisten. Mit einem Team von fünf Analysten verfolgen wir laufend die Entwicklung der Aktien von etwa 150 Unternehmen und formulieren dazu Empfehlungen. Wir haben in diesen Tagen ein systematisches Screening des Schweizer Aktienmarktes durchgeführt und unter Einbezug unserer Analysten daraus eine Empfehlungsliste für Aktien von Schweizer Unternehmen zusammengestellt. Unser Ergebnis steht Ihnen seit Dienstag zur Verfügung. Sie können diese Studie gerne über Ihre Kundeberaterin oder Ihren Kundeberater beziehen.

Schlussbemerkungen

Trotz einer weiterhin teilweise dramatischen Lage, bleibt das Szenario einer wirtschaftlichen Erholung im zweiten Halbjahr realistisch. Ich hoffe somit, dass wir in der Telefonkonferenz der nächsten Woche noch konkretere Informationen darüber haben werden, wie die neue Normalität nach dem Lockdown aussehen wird. Ich bedanke mich dafür, dass Sie sich heute eingewählt haben und hoffe, dass meine Ausführungen für Sie von Nutzen waren. Sie haben jetzt, wie angekündigt, die Möglichkeit hier direkt auch Fragen an mich zu richten.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.