Nachdem insbesondere Dänemark, Österreich und Deutschland in dieser Woche Lockerungen des Lockdown beschlossen und teilweise schon eingeführt haben, hat gestern auch der Schweizer Bundesrat die Strategie und erste Massnahmen für den langen Weg in die Normalität vorgestellt. Ähnlich wie in Deutschland ist in drei ersten vorsichtigen Schritten eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität und des öffentlichen Lebens in Aussicht gestellt. Dabei gelten die Kontaktbeschränkungen und Hygienemassnahmen weiterhin. Die Bewältigung der Pandemie kommt nun in Europa und insbesondere auch in der Schweiz in den kommenden Wochen in eine kritische Phase. Die Hoffnung ist, dass trotz Lockerung der Quarantänemassnahmen, ein erneutes Einsetzen der exponentiellen Ausbreitung des Virus verhindert werden kann. Damit die Hoffnung auf ein Gelingen dieses Vorhabens begründet ist, muss für die Schweiz die Zahl der neuen Fälle bis Ende April noch möglichst tief fallen.
Rückverfolgung der Ansteckungen trotz Lockerungen möglich?
Aktuell werden in der Schweiz gemäss Zahlen der John Hopkins Universität täglich immer noch etwa 400 neue Fälle registriert. An der gestrigen Pressekonferenz des Bundesrates wurde erklärt, dass eine systematischen Rückverfolgung und Isolation von Infektionsketten während der bereits durchlaufenen ersten Welle möglich blieb, solange die täglichen Fallzahlen noch unter 100 lagen. Mit mehr personellen Ressourcen und mit technologischer Unterstützung könne diese Schwelle aber noch verbessert werden. Es bleibt aber das Risiko, dass eine Lockerung der Massnahmen zu einer Situation führt, in der die täglich neu registrierten Fälle über die kritische Schwelle steigen, bei der eine systematische Rückverfolgung noch gelingen kann.
Auch eine App als "Deus ex machina" bewirkt keine Wunder, sondern kann lediglich dazu beitragen, diese kritische Schwelle zu verbessern. Wird diese Schwelle überschritten, dann müssten wohl, gemäss Strategie des Bundesrates, die Segel mindestens teilweise wieder gerafft werden, um die Fallzahlen wieder zu dämpfen. Es hat sich ja nichts an der Tatsache geändert, dass auch eine zweite Welle, ohne erneute Quarantänemassnahmen, das Gesundheitssystem massiv überfordern würde.
Lockerungs-Plan: Finanzmärkte reagieren positiv
Die Hoffnung, dass diese Lockerungen möglich sind, ist aber berechtigt und wurde im Lichte der enormen wirtschaftlichen Kosten des Lockdowns sehnlichst erwartet. Man bewegt sich gemäss der Analysen der Epidemiologen aber auf dünnem Eis (siehe auch gestrigen CIO-Kommentar). Die Finanzmärkte reagieren heute deutlich positiv auf die vielen Ankündigungen geplanter Normalisierungen. Insbesondere auch auf die gestrigen Ankündigungen von Donald Trump. Wir beurteilen die jetzt erwogenen Pläne eines wirtschaftlichen Neustarts in den USA mit grösster Skepsis. Die USA befinden sich auf der Zeitachse wohl etwa dort, wo sich Italien vor etwa einem Monat befand. Entsprechend dürfte im besten Fall eine verantwortungsvolle und realistische Lockerung der Massnahmen in den USA erst ab Mitte Juni möglich werden. Lockert die USA viel früher, dann müsste eine zweite exponentielle Wachstumsphase der Covid-19 Infektionen nicht bloss befürchtet, sondern vernünftigerweise erwartet werden.
Niemand sollte also allzu überrascht sein, wenn Ende Mai die eingeführten Lockerungen mancherorts wieder rückgängig gemacht werden müssten. Die Finanzmärkte würden dieses "Stop and Go" Szenario wohl mit einem Rückschlag quittieren. Entsprechend bleiben wir mit einer neutralen Gewichtung der Aktienquote wenig euphorisch über die Chancen für die nächsten paar Wochen. Möglichst viel Agilität, im Rahmen der gewählten Strategie, bleibt bei der Allokation des Risikos in den Anlagelösungen und Vermögensverwaltungsmandaten unserer Kunden weiterhin unsere Maxime.
Hier finden Sie noch zusammengefasst die gestrigen zentralen Entscheide des Schweizer Bundesrates:
Erste Etappe am 27. April 2020
In der ersten Etappe lockert der Bundesrat ab dem 27. April die Massnahmen bei Einrichtungen, die nur eine geringe Anzahl direkter Kontakte aufweisen, Schutzkonzepte einfach umsetzen können und keine bedeutenden Personenströme verursachen. Die Massnahmen im stationären medizinischen Bereich werden gelockert, Spitäler dürfen wieder alle Eingriffe vornehmen. Ebenso können ambulante medizinische Praxen ihren normalen Betrieb wieder aufnehmen und wieder sämtliche, auch nicht-dringliche Eingriffe vornehmen. Dazu gehören unter anderem Praxen für Zahnmedizin, Physiotherapie und medizinische Massage. Damit sollen auch negative Folgen verhindert werden, die durch einen Verzicht auf Behandlungen und Untersuchungen entstehen könnten. Betriebe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt können ebenfalls wieder öffnen, zum Beispiel Coiffeurgeschäfte, Massagepraxen, Tattoo-Studios und Kosmetiksalons. Geöffnet werden auch Bau- und Gartenfachmärkte sowie Gärtnereien und Blumenläden. Zudem können auch unbediente öffentliche Einrichtungen wie Waschanlagen wieder öffnen. Ab dem 27. April werden zudem die Sortimentsbeschränkungen in Lebensmittelläden aufgehoben. Wenn sich Güter des täglichen Bedarfs und weitere Güter auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden befinden, dürfen sie verkauft werden.
Zweite Etappe am 11. Mai 2020
In der zweiten Etappe sollen ab dem 11. Mai die obligatorischen Schulen sowie die Einkaufsläden und Märkte wieder öffnen. Den Entscheid darüber will der Bundesrat am 29. April fällen.
Dritte Etappe am 8. Juni 2020
Am 8. Juni sollen in einem dritten Schritt die Mittel-, Berufs- und Hochschulen wieder Präsenzveranstaltungen abhalten dürfen. Gleichzeitig sollen Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe wie Museen, Bibliotheken, botanische Gärten und Zoos wieder öffnen und das Versammlungsverbot gelockert werden. Die Details zu dieser Etappe will der Bundesrat am 27. Mai beschliessen. Über weitere Etappen hat der Bundesrat noch keine Beschlüsse gefasst. Ab wann Grossveranstaltungen wieder möglich sein werden, entscheidet er in einer seiner nächsten Sitzungen.
Entwicklung an den Aktienmärkten
Am heutigen Freitag eröffnen die weltweiten Aktienmärkte positiv. Die europäischen Aktienmärkte sind etwa 3% im Plus. Der Schweizer SMI Index ist etwa 1.5% im Plus. Für die US-Aktienmärkte wird heute ebenfalls eine deutlich positive Eröffnung erwartet.
US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 14% bis 18%, europäische Aktien etwa 23%, Schweizer Aktien etwa 10% und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 6% (alle Zahlen per 17.4.20 ca. 11:00, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).
Angst ist kein guter Ratgeber
Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Wir werden Sie dabei weiter laufend informieren. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.
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