Immobilien & Hypotheken in Zeiten von Corona: Was muss ich jetzt wissen?

Corona verändert unsere Welt und krempelt vieles Altbewährte um. Doch welche Auswirkungen hat die Krise auf Immobilien und Hypotheken? Hierzu beantwortet unser Immobilien-Experte Richard Schlägel jetzt die wichtigsten Fragen.
Am 25.05.2020 in Wohnen von Richard Schlägel

Herr Schlägel, wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Immobilien aus? Wie erleben Sie derzeit die Situation mit gewerblich und privat genutzten Liegenschaften?

Private Wohneigentümer erleben aktuell eine gewisse Verunsicherung. Viele von ihnen wissen aufgrund der Corona-Krise gerade nicht, wie sich ihre berufliche Zukunft weiterentwickelt: Haben sie in den nächsten sechs Monaten noch ihren Lohn oder werden womöglich aufgrund der wirtschaftlichen Lage Stellen abgebaut? Die Welle der Arbeitslosigkeit wird tendenziell leider eher noch zunehmen. Verschiedene Bundes- und Kantonsprogramme fangen die Situation derzeit noch auf, doch wenn bei den Arbeitgebern die Aufträge ausbleiben, so könnten Mitarbeitende in Zukunft durchaus von Reduktionen betroffen sein. Dies hätte dann natürlich auch Auswirkungen auf die Tragbarkeit allfälliger Hypotheken.

Was Eigentümer gewerblicher Liegenschaften angeht: Die Corona-Krise trifft viele, doch vor allem gewisse Branchen wie Gastronomie, Detailhandel und Tourismus, sowie viele kleinere Betriebe ohne grössere Reserven sind durch diese stark beeinträchtigt. Hier ist grundsätzlich eine Korrektur im Immobilienmarkt aufgrund fehlender Mieteinnahmen möglich und es kann bei gewerblich genutzten Immobilien durchaus zu Preisdämpfungen kommen, denn: Fallen die Einnahmen der gewerblichen Mieter weg, kommt es entsprechend zu Leerständen. Das wiederum würde zu Wertverlusten der jeweiligen Immobilien führen. Ich kenne leider bereits einige Betriebe in Basel, die schliessen mussten. Hier stellt sich die Frage: Wie schnell können diese Räumlichkeiten wieder weitervermietet werden? Deshalb sind Gewerbeliegenschaften insgesamt stärker von der Krise betroffen als Wohnliegenschaften.
Die gekaufte Immobilie ist langfristig fast immer günstiger.

Lohnt es sich überhaupt eine Immobilie zu kaufen? Ist mieten nicht mindestens gleich gut oder sogar besser?

Das lohnt sich mit den aktuellen effektiven Zinssätzen eigentlich immer.  Dazu kommt: Wer einmal in Ruhe berechnet, was die gekaufte Liegenschaft im Vergleich zu einer gemieteten im Monat kosten würde, wird sehen: Die gekaufte ist am Ende langfristig gesehen fast immer günstiger. Mit unserem Mieten oder Kaufen-Rechner kann man das ganz gut ausprobieren. Am besten aber kommen Zweifelnde direkt zu uns und wir nehmen uns Zeit für ein Gespräch, welches für Sicherheit und Klarheit sorgt.

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Erwerb einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses in Basel oder Region? Die Preise steigen ja immer mehr…

Ja, die Preise für Immobilien sind tatsächlich gestiegen. Wer jedoch vor einigen Jahren eine Immobilie erworben hat, darf sich heute auch eines höheren Wertes erfreuen. Und: Die Zinsen bewegen sich heute in der Höhe von etwa einem bis eineinviertel Prozent, während vor 10 Jahren noch 3 Prozent und vor 20 Jahren 6 Prozent möglich waren. Man muss die Realität sehen, dann erkennt man schnell: Für einen Immobilienkauf gibt es im Grunde kaum einen besseren Zeitpunkt. Grundsätzlich kommt es aber immer darauf an, ob ich über die nötige finanzielle Basis für einen Immobilienerwerb verfüge.

Auch kann man den Kauf als Anlagemöglichkeit betrachten. Denn in Krisenzeiten sind Immobilien in der Regel resistenter als Aktien, wie wir auch in der Corona-Krise jetzt gesehen haben. Wenn man es sich leisten kann, macht es also eigentlich immer Sinn auf eigenen Grund und Boden zu setzen. Zudem kann sich auch gerade aus der aktuellen Krise heraus eine attraktive Gelegenheit für einen Erwerb ergeben. Es lohnt sich deshalb, gerade in der jetzigen Situation die zum Kauf angebotenen Immobilien genauer zu betrachten.
In Krisenzeiten sind Immobilien resistenter als Aktien.

Gibt es aufgrund der Corona-Krise irgendwelche Änderungen bei der Hypothekarvergabe?

Eigentlich nicht. Nur kann momentan, wie bereits erwähnt, aufgrund der Situation auf dem Arbeitsmarkt eine gewisse Verunsicherung bestehen, ob die Hypothek  auf lange Sicht  tragbar ist. Denn neben dem Anteil der nötigen Eigenmittel muss für die Aufnahme einer Hypothek auch ein gewisses Einkommen gegeben sein. Die Höhe muss jedoch individuell betrachtet und berechnet werden. Unsere Beraterinnen und Berater nehmen sich jedoch die nötige Zeit und schauen die persönliche Situation mit jeder Kundin und jedem Kunden gemeinsam an.

Wer bis vor ein paar Wochen gerne noch eine langfristige Festhypothek abgeschlossen hätte, überlegt sich jetzt: Macht das nun immer noch Sinn?

Die langfristigen Hypothekarzinsen sind derzeit volatil. Vor diesem Hintergrund könnten einige momentan geneigt sein, auf eine langfristige Festhypothek zu verzichten. Jedoch ist das Zinsniveau historisch gesehen immer noch sehr tief. Deshalb kommt es hier sehr auf die persönliche Situation an. Es kommt darauf an, was jemand mit der Immobilie plant und in welchem Stadium seiner Pläne er oder sie sich gerade befindet. Ist man z.B. ein junges Paar und berufstätig, so kann man sich gut zuerst eine kurzfristige Hypothek leisten und wenn die Nachwuchsplanung beginnt und dadurch ein Einkommen wegfällt, auf eine langfristige Hypothek wechseln. So sorgt man für eine gewisse Budgetsicherheit. Einem älteren Ehepaar würde ich hingegen eher empfehlen, sich zu überlegen: Wollen sie die Immobilie später vererben? Falls ja, so kann beispielsweise der Nachwuchs, der das Haus erbt, die langfristige Hypothek übernehmen und es gibt auch hier keine Probleme. Eine gute Beratung ist jedoch wichtig. Denn jede Lebenssituation ist sehr individuell und einzigartig und verdient eine gesonderte Betrachtung.
Wir gehen von weiterhin tiefen Zinsen aus.
Basel über den Dächern

Nehmen wir an, die eigene Festhypothek wird in sechs bis 12 Monaten fällig: Bringt es etwas, sie bereits jetzt zu verlängern? Wie werden sich die Zinsen voraussichtlich in Zukunft verhalten?

Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass das tiefe Zinsniveau noch weiter anhält. Aber natürlich kann niemand mit absoluter Sicherheit sagen, wie es in sechs oder 12 Monaten genau aussehen wird. Denn die Globalisierung hat durchaus auch gewisse Nachteile, die beispielsweise zu Inflation führen können. Gewisse Rohmaterialien kommen ja zum Beispiel momentan gar nicht mehr über die Grenze. Sprich, wer also etwas in der Schweiz produzieren will, muss mehr bezahlen und hat höhere Ausgaben. Die Zinssituation bei Ablauf der eigenen Hypothek genau beurteilen kann man also wirklich immer erst, wenn es soweit ist – so gerne ich auch etwas anderes sagen würde. Doch nochmal: Wir gehen grundsätzlich von weiterhin tiefen Zinsen aus.

Wie findet man die beste Hypothek für sich persönlich? Lohnen sich Preisvergleiche und wie gut muss man vor einem Abschluss recherchieren?

Natürlich lohnen sich Vergleiche. Doch manche übertreiben es: Sie versuchen das absolute Maximum aus ihrer Finanzierung herauszuholen und geraten schon bei Preisunterschieden von 0,1 Prozent pro Jahr in Zweifel – ist nun diese Hypothek besser, oder jene? Doch überlegen Sie sich einfach, wie viel es de facto z.B. bei einer Hypothek von 800 000 CHF ausmacht: In dem konkreten Fall wären es "bloss" 800 Franken im Jahr. Gut, bei einer 10-jährigen Hypothek wäre es demnach ein Unterschied von 8000 Franken. Doch das sind keine Summen, die  etwas global verändern. Hier sollte man vielmehr darauf achten, dass man ein gutes Gefühl bezüglich der gewählten Bank, seiner Finanzierungsstrategie und der jeweiligen Hypothekenart hat. Das sind die Dinge, auf die es wirklich ankommt und die langfristig gesehen wirklich eine sehr grosse Wichtigkeit haben.

Wer bis vor ein paar Monaten aufgrund der guten allgemeinen Situation mit einem Umbau der eigenen Immobilie geliebäugelt hat, überlegt es sich jetzt doppelt, ob jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist. Ihr Tipp?

Wer momentan aufgrund der Krise bezüglich der eigenen finanziellen Situation unsicher ist, wird jetzt vermutlich kaum sein ganzes Geld in einen Umbau stecken wollen. Es lohnt sich daher, ein gewisses Polster für den Notfall auf dem Konto zu belassen. Man kann sich überlegen, ob der geplante Umbau sich verschieben lässt, oder ob es Dinge gibt, wie z.B. eine kaputte Heizung, die sofort in Stand gesetzt werden müssten. Bei Massnahmen, die sich nicht aufschieben lassen und dazu noch einen werterhaltenden Charakter haben, gibt es finanziell gesehen aber auch steuerliche Vorteile – denn diese Investitionen lassen sich bekanntlich von den Steuern abziehen. Wertvermehrende Massnahmen lohnen sich natürlich auch, können allerdings nicht von den Steuern abgezogen werden. Einen Ausnahmestatus haben Investitionen in Energiesparmassnahmen, Umwelt- und Denkmalschutz. Diese Kosten sind steuerlich auch dann abzugsfähig, wenn es sich um Investitionen handelt, die nicht reinen Ersatz oder Unterhalt darstellen. Ich würde also sagen, man sollte sich auch bei diesem Thema gut beraten lassen, wenn man zweifelt. So geht man sicher, dass man wirklich alles Wichtige bedacht hat, bevor man den einen oder anderen wichtigen Schritt unternimmt.
Immobilien als Altersvorsorge sollte man nicht losgelöst von anderen Massnahmen betrachten.

Sind Immobilien als Altersvorsorge gerade empfehlenswert? Wenn ja, welche eignen sich aktuell am besten?

Es gibt mehrere Arten von Liegenschaften: Mehrfamilienhäuser, Gewerbeliegenschaften und gemischte Objekte. Gewerbeliegenschaften sehe ich persönlich als Altersvorsorge eher weniger, da es besonders in Krisenzeiten schwierig sein kann, hierfür einen Nachmieter zu finden. Somit ist die Wahrscheinlichkeit von Leerständen höher. Deshalb empfehle ich Gewerbeliegenschaften als Vorsorge höchstens Immobilien-Profis. Dies betrifft auch gemischte Objekte. Ein Mehrfamilienhaus ohne grossen Unterhalts- und Renovationsbedarf an einer guten Lage kann jedoch durchaus eine Möglichkeit sein, um die eigene Altersvorsorge neben der dritten Säule weiter auszubauen. Dann gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit in Immobilienfonds zu investieren: auch hier gibt es eine Vielzahl von Fonds und eine professionelle Beratung ist auch hier wichtig. Fonds im allgemeinen haben den Vorteil, dass die Anlageentscheide durch Experten getroffen werden, wie z.B. bei unseren Anlagelösungen. Es ist jedoch sehr wichtig, dass hier die gesamte persönliche Vorsorgesituation betrachtet wird. Ich würde solche Entscheide also nicht losgelöst von anderen Vorsorgemassnahmen wie der dritten Säule und der Pensionskasse anschauen. Wer auf der sicheren Seite sein will, der prüft zuerst mit einem Vorsorgespezialisten seine Gesamtsituation in punkto Vorsorge.

Zum Abschluss: Welche Tipps möchten Sie Hypotheken-Interessenten noch mitgeben?

Wer seine Hypothek jetzt verlängern will, sollte sich überlegen, was er mit der Liegenschaft in den nächsten Jahren vorhat und wie sich die persönliche finanzielle Situation in den nächsten Jahren entwickeln könnte. Wer seine Hypothek beispielsweise bald durch eine Erbschaft, die auf ihn wartet, amortisieren kann, sollte also z.B. keine langfristige Hypothek abschliessen. Auch ist prüfenswert, ob eventuell mehrere Festhypotheken mit verschiedenen Laufzeiten Sinn machen. So kann das Zinsänderungsrisiko bei Ablauf einer einzigen festen Hypothekentranche geglättet werden.

Auch für jemanden, der eine neue Hypothek abschliessen möchte, gilt Ähnliches. Hier lohnt sich auf jeden Fall als erster Schritt der Mieten-Kaufen-Check. Dann sind die Vor- und Nachteile eines Liegenschaftskaufs unter Einbezug der persönlichen Situation abzuwägen. Auch BKB HomeScan ist ein tolles Tool, welches auf Knopfdruck eine erste Einschätzung der Immobilie, die einen interessiert, ermittelt. Und das ganz einfach mit dem Smartphone. Ausprobieren lohnt sich. Aber trotzdem: Nichts geht über eine gute ganzheitliche Beratung durch einen Finanzierungsexperten Ihres Vertrauens.
Richard Schlägel

Richard Schlägel

Leiter Immobilienkunden Nordwestschweiz

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