Die Konjunkturentwicklung in den USA bleibt stabil, was den Beginn einer Rezession zeitlich nach hinten schieben dürfte. Mehr dazu und wie sich unsere Anlagestrategie hinsichtlich Aktien und Obligationen entwickelt, erfahren Sie von Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research.
Zuletzt veröffentlichte Daten aus den USA signalisieren aktuell eine nach wie vor robuste Konjunkturentwicklung. Trotz der eingetrübten Stimmung in der Industrie wurden die Prognosen in den letzten Monaten speziell für das 3. Quartal 2023 schrittweise angehoben. Lag die Konsensprognose Anfang Mai für das 3. Quartal noch bei -0,9 % (Median, QoQ, annualisiert), wird diese nun seit Ende Juni mit 0 % angegeben. Gestützt werden die erfolgten Aufwärtsrevisionen unter anderem von der anhaltend guten Lage auf dem US-Arbeitsmarkt und der wieder gestiegenen Stimmung im Dienstleistungsbereich. Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich (ISM Services) ist zuletzt auf 53.9 Punkte gestiegen und bewegt sich im Gegensatz zu seinem Pendant aus der Industrie im expansiven Bereich. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil der Index für den Dienstleistungsbereich über 80 % der US-Wirtschaft repräsentiert.
Aufgrund der stabilen Entwicklung der US-Wirtschaft und besser als vielfach befürchteter Stimmungsindikatoren wurde der Beginn einer US-Rezession zeitlich nach hinten verschoben. So rechnet bspw. Oxford Economics nun erst für das 4. Quartal 2023 mit leicht negativen Wachstumsraten. Die Überzeugung, dass dies auch tatsächlich der Beginn einer – wenn auch nur schwachen – Rezession ist, hat zuletzt allerdings etwas nachgelassen.
Positiv ist in diesem Zusammenhang jedenfalls zu werten, dass die US-Inflationsraten für den Monat Juni weiter gesunken sind. Die breite Inflationsrate wird nun mit 3 % angegeben (Mai: 4 %), die Kernrate ohne Energie & Nahrungsmittel mit 4,8 % (Mai: 5,3 %). Beide Werte sind etwas besser (also tiefer) ausgefallen als allgemein erwartet. Und auch die Teuerungsrate der Produzentenpreise hat nochmals nachgegeben. Im Jahresvergleich beträgt sie nur noch 0,1 % (YoY). Auch wenn die Preissteigerung in den USA weiter über dem 2 % Ziel der US-Fed liegt geben die aktuellen Daten zur Entwicklung der Teuerung weiter Grund zur Annahme, dass die Leitzinserhöhungen im zweiten Halbjahr 2023 ihren Zenit erreichen werden. Die aktuell von der US-Notenbank für den 26. Juli erwartete Zinsanhebung von 25 Basispunkten scheint zwar so gut wie sicher. Insgesamt ist aber aus unserer Sicht die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass diese Zinsanhebung das Ende des aktuellen Zinserhöhungszyklus in den USA markiert.
Anlagestrategie: Aktien bleiben übergewichtet, Obligationen untergewichtet
Trotz der erfolgten Leitzinserhöhungen haben sich die Renditen der Obligationen zuletzt per Saldo mehrheitlich seitwärts bewegt. Die Realrenditen von Staatsanleihen sind nach wie vor negativ und auch die erzielbaren nominalen Zinserträge sind unseres Erachtens im Vergleich zu den Renditeerwartungen anderer Anlageklassen nicht wirklich attraktiv. So rentieren 10-jährige Schweizer Staatsanleihen aktuell leicht unter 1 %, entsprechende deutsche Staatsanleihen unter 2.5 %. Wir bleiben bei speziell bei Schweizer Obligationen untergewichtet.
Die aktuell geringe Wahrscheinlichkeit einer ausgeprägten Rezession, die Erwartungen einer nachlassenden Zins- und Inflationsdynamik sowie die Annahme, dass die Leitzinserhöhungen bald ihren Zenit erreicht haben, sprechen für Aktien. Wir bleiben übergewichtet.
Heutige Marktentwicklung
Das Wachstum des chinesischen BIP für das zweite Quartal 2023 ist etwas schwächer als erwartet ausgefallen. Es wird mit 6.3 % (YoY) angegeben, die Erwartungen lagen gem. Bloomberg bei einem Anstieg von 7.1 %. Der SMI-Index liegt am heutigen Montag 0.5% im Minus. Der deutsche Aktienindex (DAX) wird ebenfalls tiefer gehandelt (-0.25%). Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures Indizes eine nur wenig veränderte Handelseröffnung. (Stand 09.45 Uhr, 17.07.2023, Basel Zeit)