Die konjunkturelle Stimmung in der Schweiz hat sich spürbar verschlechtert, eine Rezession wird dennoch nicht erwartet. In China haben Bürgerproteste eine Lockerung der Null-Covid-Politik erwirkt. Erfahren Sie mehr von Anlagechef Sandro Merino.
Die Bürgerproteste in vielen chinesischen Grossstädten haben zu signifikanten Lockerungen in Chinas Covid-Strategie geführt. Derzeit betreffen die Lockerungen insbesondere den Zwang, aktuelle PCR-Tests vorweisen zu müssen, um Zutritt in den öffentlichen Raum zu erlangen. Auch besteht die Möglichkeit, in Abwesenheit von Symptomen die Quarantänezeit im eigenen Heim zu verbringen. Inzwischen kann man von einer grundsätzlichen Umkehr in Chinas Pandemiebekämpfung sprechen. China bereitet sich auf einen starken Anstieg der Infektionen und Erkrankungen vor. Analog wie dies vor zwei Jahren in Europa der Fall war, werden die Massnahmen lokal an die Intensität der Pandemie angepasst. Der Fokus wird auf die Erhöhung der Impfquote bei älteren Menschen gelegt und auf die Ausweitung der erforderlichen Pflegekapazitäten. Glücklicherweise ist die Mortalität der massgeblichen Omikronvariante im Vergleich zu früheren Varianten deutlich geringer. Dennoch dürften in China die wirtschaftlichen Auswirkungen der Aufgabe der Null-Covid-Politik anfänglich noch negativ sein. Auch das chinesische Neujahrsfest, das 2023 auf den 22. Januar fällt und jährlich die grösste Migrationsbewegung der Erde auslöst, könnte zu einem starken Anstieg der Erkrankungen und zu Problemen in der Gesundheitsversorgung führen. Mittelfristig dürfte diese Kursänderung in Chinas Pandemiebekämpfung zu einer breiten Wiederbelegung der chinesischen Konjunktur führen. Zuvor wird China, wie zuvor auch der Westen, lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Bis zum Sommer könnten in China die schlimmsten Auswirkungen der Pandemie überwunden sein. Damit wäre, nach etwas mehr als drei Jahren, die Covid-19-Pandemie auch weltweit betrachtet Geschichte.
Keine Rezession in der Schweiz erwartet
Auch in der Schweiz hat sich in den letzten Monaten die konjunkturelle Stimmung spürbar verschlechtert. Wie das Staatssekretariat für Wirtschaft berichtet, ist die Schweizer Wirtschaft im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal um 0,2 % gewachsen. Trotz fallender Konsumentenstimmung stützten die privaten Ausgaben die konjunkturelle Entwicklung auch in diesen anspruchsvollen Zeiten. Bis auf die Bauwirtschaft, die sich auch aufgrund von Personalmangel leicht rückläufig entwickelt, ist das konjunkturelle Bild für die Schweiz in Anbetracht der internationalen Lage robust. So liegt die Arbeitslosenquote Ende Oktober mit einem saisonbereinigten Wert von 2,1 % um 0,2 % unter dem Vorkrisenwert aus Februar 2020. Viele Unternehmen planen aufgrund der Stimmungslage Kosteneinsparungen beim Personalbestand für 2023. In Anbetracht des steigenden Mangels an Arbeitskräften könnte eine Wiederbelegung der Wirtschaft, die sich für 2023 abzeichnet, die Planer in den Chefetagen auf dem falschen Fuss erwischen. Bereits ab Sommer 2023 könnten Unternehmen wieder händeringend Personal suchen, das sie im Frühling aufgrund der Stimmungslage abgebaut hatten. Im Jahresverlauf 2023 ist eine Erholung zu erwarten, sodass das Schweizer BIP über das Jahr 2023 etwa 0,5 % zulegen dürfte. Das ist gegenüber dem 10-Jahres-Rückblick von etwa 1,5 % Jahreswachstum zwar bescheiden, damit würde sich 2023 aber nicht als Krisenjahr anfühlen. Unternehmer können aus unserer Sicht mit Zuversicht und Mut in das neue Jahr blicken. Ob die Schweizer Nationalbank am 15. Dezember die Leitzinsen von aktuell 0,5 % auf 0,75 % oder gar auf 1 % erhöht, ist selbst bei Spezialistinnen und Spezialisten Gegenstand von Wetten unter Kollegen. Für das oben beschriebene Szenario ist der Ausgang des SNB-Entscheids aber nicht massgeblich.
2022, ein schwieriges Jahr, auch für Anleger
Aufgrund der Zinswende, die zeitgleich mit einer Korrektur der Aktienbewertungen stattfand, haben diversifizierte Anlagestrategien, egal ob mit kleinem oder grossem Aktienanteil, erhebliche Verluste erlitten. Dabei haben Anlegerinnen und Anleger, die in ihren Strategien nur wenig mehr als 10 % Verlust hinnehmen mussten, zumindest im Vergleich zur Konkurrenz gute Ergebnisse erzielt. Anleger, die über 15 % verloren haben, sollten allenfalls ihre Anlagestrategie überprüfen. Trotz diesem insgesamt wenig erfreulichen Rückblick bleiben wir zuversichtlich, dass das neue Jahr Chancen einer Erholung bereithält. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, an langfristig gesetzten Zielen festzuhalten. Wir raten deshalb auch für das Jahr 2023 zu einer breiten Diversifikation der Anlagen. Nachhaltigkeit steht dabei an erster Stelle. Wir sind von den Erfolgsaussichten nachhaltiger Anlagen nach wie vor überzeugt.
Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.