Starke Aktienmärkte im November – Rasche Steuererhöhungen wegen staatlicher Pandemie-Hilfspakete?

Die wichtigsten globalen Aktienindizes trotzen im November der Krise. Drohen nach den Corona-Rekordhilfen der Länder rasche Steuererhöhungen und staatliche Sparkurse? Das Update zur aktuellen Situation und Marktentwicklung von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino.
Am 30.11.2020 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino
Im November haben die wichtigsten globalen Aktienindizes einen Anstieg zwischen ca. 7% und 17% verzeichnet. Die gleichzeitige Entscheidung der US-Präsidentschaftswahl anfangs November und die Bekanntgabe erster wirksamer Impfstoffe haben für eine besonders starke Erholung der Aktienmärkte in der Eurozone gesorgt. Damit liegen die wichtigen Aktienindizes in ihrer Entwicklung seit Jahresanfang wieder im positiven Bereich. Besonders der US-Technologieindex Nasdaq (+28.68% Rendite in CHF) und der chinesische Schanghai-Shenzhen-300 Index (+23.71 % Rendite in CHF) gehören bisher zu den Gewinnern dieses besonderen Jahres 2020. Der breite Schweizer SPI-Index gewinnt seit Anfang Jahr hingegen "nur" +1.58%.

Märkte trotz Krise in guter Verfassung

In Anbetracht der rekordhohen prozentualen Einbrüche der globalen Wirtschaftsleitung im ersten und vor allem im zweiten Quartal dieses Jahres, mag es erstaunen, dass die weltweiten Aktienmärkte sich dennoch in einer derart guten Verfassung präsentieren. Auch das Schweizer BIP ist im ersten Halbjahr um etwa 9% eingebrochen. Morgen wird aus den Zahlen der Seco für das dritte Quartal eine deutliche Erholung der Schweizer Wirtschaft um etwa 6% erwartet - dies im Vergleich zum sehr schwachen zweiten Quartal. Damit wäre der Einbruch der Schweizer Wirtschaft im laufenden Jahr auf etwa 3% eingedämmt. Die starke Erholung im dritten Quartal erfolgte auch dank den sehr grosszügigen Lockerungen der Pandemie-Massnahmen in den Sommermonaten. Die Lockerungen des Sommers könnten aber für das vierte Quartal 2020 und das erste Quartal 2021 aufgrund der im europäischen Vergleich weiterhin sehr hohen Covid-19 Fallzahlen erneut Spuren in der Schweizer Wirtschaft hinterlassen.

Redkord-Hilfsmassnahmen gegen Corona

Aber nicht nur die Einbrüche der BIP-Zahlen waren rekordhoch, auch die fiskalischen Hilfsmassnahmen der Regierungen in vielen Ländern der Welt waren ausserordentlich umfangreich. Man schätzt, dass weltweit etwa 12% des globalen BIPs in Form von Stützungsmassnahmen aus Staatskassen verwendet wurde. Rechnet man für die Schweiz mit Kosten für Bund und Kantone von 35 Milliarden CHF, dann entspricht dies einer im internationalen Vergleich eher moderaten Hilfe von etwa 5% des Schweizer BIP.

Die Frage, ob diese Notausgaben des Staates finanzierbar sind oder ob die Corona-Pandemie unweigerlich in die Staatpleite führt, wird bereits kontrovers diskutiert. Dabei wird durch viele Schulden Untergangspropheten die ökonomische Argumentation meist unterschlagen oder erheblich verzerrt dargestellt, um die gewünschte Reaktion zu erzeugen und um sich selbst ein finanzpolitisch konservatives Image zu geben.

Die Zunahme einer oft schon hohen Staatsverschuldung um weitere 5% bis 20% des BIP ist für viele Staaten eine direkte Folge der Pandemie. Die nominale und absolute Höhe der Staatsverschuldung muss dabei natürlich prozentual als Bruchteil der absoluten Grösse der Wirtschaft betrachtet werden. Wie rasch eine pandemiebedingte Neuverschuldung abgebaut werden kann, hängt vor allem davon ab, wie hoch das nominale Wachstum des BIP einer Volkswirtschaft im Vergleich zu den anfallenden nominalen Schuldzinsen ist.

Bedrohung durch deflationäre Tendenzen

Die Schweiz hatte in den letzten Jahren vor der Pandemie ein nominales BIP Wachstum in der Grössenordnung von gut 2%. Die Schuldzinsen des Bundes sind derzeit auch für lange Laufzeiten sogar negativ. Rechnet man konservativ mit einer positiven Differenz von 2% des nominalen BIP-Wachstums über dem Niveau der Schuldzinsen, dann ist die Erhöhung der Staatsverschuldung um 5% des BIP bis Ende 2025 wieder abgebaut, d.h. die Staatsverschuldung von Bund und Kantonen als Prozentsatz des BIP liegt dann wieder auf dem Niveau vor der Pandemie per Ende 2019.

Angstmacherei vor den fiskalischen Konsequenzen der Pandemie ist für Länder mit moderater Staatsverschuldung, die ihre Zusatzverschuldung langfristig mit sehr tiefen oder gar negativen Zinsen finanzieren können, nicht rational begründbar. Hingegen sind deflationäre Tendenzen, die durch fehlgeleitete Sparpolitik und wenig durchdachten "Corona-Steuern" begünstigt werden und sich durch fallende Konsumausgaben und Löhne manifestieren, eine reale Bedrohung, besonders für jene Länder mit hoher Staatsverschuldung bei tiefem Wachstum und höheren Zinsen zur Finanzierung der Staatsverschuldung.

Staatlicher Sparkurs oder Steuererhöhungen kontraproduktiv

Ein unreflektierter Vergleich eines Staatshaushaltes mit einem privaten Haushalt ist nicht nur völlig falsch, sondern auch gefährlich irreführend. Eine staatliche Sparpolitik oder Steuererhöhungen im Nachgang der Pandemie könnten sich als äusserst kontraproduktiv erweisen. In diesem Kontext sind die negativen Teuerungsraten in Ländern der Eurozone insbesondere auch für Deutschland ein ernstzunehmender Hinweis auf diese deflationären Risiken.

Auch für die Aktienmärkte wäre ein staatlicher Sparkurs in der Zeit nach Corona ein negativer Faktor. Dass die Zentralbanken jedes Mal helfen können, um Inflationserwartungen zu erzeugen, belegt die Erfahrung der letzten 10 Jahre kaum. Gerade in der Eurozone verschrieb die EZB stets das gleiche Rezept, um die Inflation zu normalisieren. Eine entsprechende Wirkung gab es hingegen nie. Diese Erfahrung sollte Grund genug sein, die Korrektur der Staatshaushalte erst in wirtschaftlich rosigeren Zeiten in Angriff zu nehmen. Auch beim Staatshaushalt ist Angst kein guter Ratgeber, vor allem dann, wenn die Ängste nicht vernünftig begründbar sind.

Der überraschend gutartige Verlauf der Aktienmärkte drückt wohl auch die Zuversicht aus, dass eine Erholung der Wirtschaft im nächsten Jahr durchaus plausibel ist. Zumindest falls keine fiskalischen Fehlimpulse gegeben werden, die aufgrund von ökonomisch falsch begründeter Fiskaldisziplin und diffusen Ängsten vor Staatsschulden beschlossen werden.

Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie

Nachdem die Aktienmärkte im November je nach Region um etwa 7% bis 17% gestiegen sind, notieren die Aktienkurse in Europa heute insgesamt wenig verändert. Die Tendenz bleibt aber eher freundlich und der SMI liegt derzeit etwa 0.5% im Plus. In unserer Anlagestrategie führen wir einen Ausgleich der Aktienquote aus, welche aufgrund der Kursgewinne im November über die strategisch festgelegte Quote angestiegen war. Wir verkaufen somit etwa 2% an Aktien zugunsten von Liquidität und diversifizierten Anlagen in Unternehmensanleihen.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

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