Automatisierung, Kognifizierung, Remote Everything: Die von Zukunftsforscher Gerd Leonhard identifizierten Megashifts zeichnen ein erstaunlich realistisches Bild unserer technologisch aufgerüsteten Zukunft. Jetzt hat sich der renommierte deutsche Futurist mit BKB Anlagechef Dr. Sandro Merino über Technologie, die Rolle des Menschen und zukünftige Arbeitsmodelle unterhalten.
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Cookies akzeptierenAutomatisiere sich, wer und was kann
Ein Megashift ist die Automatisierung. Für Leonhard ist klar: «Was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert». Früher habe ein Mensch das Radio-Programm zusammengestellt, heute übernehme diese Aufgabe ein Algorithmus von Spotify. Der Zukunftsforscher glaubt, dass noch viel mehr Dienstleistungsberufe verschwinden werden – vom Call-Center-Agenten über den einfachen Finanzberater bis zum Fact-Checker für Anwälte. Beschleunigt werde dieser Prozess zusätzlich durch den Megashift der Kognifizierung: «Früher konnte ein Computer keine Frage beantworten. Aber das ändert sich gerade. Algorithmen werden smarter, lernen dazu.»Der Mensch muss seine Stärken ausspielen
Für Leonhard und Merino ist aber auch klar, dass der Mensch seinen Platz verteidigen kann. «Ein Computer lernt zwar die Wikipedia in wenigen Sekunden auswendig. Aber er ist nicht in der Lage zu beurteilen, ob ein Kunde vertrauenswürdig ist», präzisiert Leonhard. Wenn Maschinen logische, funktionale und rechenintensive Aufgaben übernehmen, kann der Mensch seine Stärken ausspielen. Seine treffsichere Intuition beispielsweise oder seine Fähigkeit zu verhandeln oder zu diskutieren.
Hybride Arbeitsmodelle werden zur Regel
Ein weiterer Megashift ist Remote Everything. Heute können wir alles von überall her erledigen – etwa Flüge und Hotels buchen, Informationen beschaffen oder Finanztransaktionen tätigen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeitswelt: «Es wird sicher mehr hybride Modelle geben. Vielleicht arbeiten wir die eine Hälfte der Woche zuhause und die andere Hälfte in der Firma. Oder wir kombinieren mehrere Teilzeitjobs von verschiedenen Arbeitgebern», glaubt Leonhard. Schon in zehn Jahren könnte es mehr Freischaffende geben als Festangestellte. An diese neue Realität müssten natürlich auch die Sozialsysteme angepasst werden.
Als problematisch beurteilen beide Experten, dass sich sehr viel Macht in den Händen weniger Konzerne konzentriert. So machen Alphabet, Apple, Amazon und Microsoft fast die Hälfte der Marktkapitalisierung des Nasdaq 100 aus. Leonhard erwartet deshalb in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine radikale Regulierung und Öffnung des Marktes für Mitbewerber.
Technologie macht alles möglich
Schliesslich wagt Leonhard auch noch einen Blick in die etwas fernere Zukunft: «Bald kommen wir an den Punkt, an dem technologisch alles möglich ist. Wahrscheinlich sind wir in zehn Jahren in der Lage, unser Gehirn mit dem Internet zu verknüpfen.» Und bereits 2050 könnte die Singularität erreicht sein – also der Mensch eine Maschine entwickelt haben, die so intelligent ist wie er selbst.
Alles eine Frage unserer Entscheidung
Muss man deshalb Angst haben? Nein, glaubt Leonhard, denn Technologie sei moralisch neutral, bis man sie anwende. So könnten wir durch genetische Manipulation zwar Krankheiten wie Krebs ausrotten, aber eben auch Super-Soldaten züchten: «Wir haben alle Werkzeuge in der Hand. Aber wir müssen die richtigen Entscheidungen treffen.»
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