Europa vor «neuer Normalität» – Neu-Infektionen in den USA weiterhin zahlreich

In vielen europäischen Ländern beginnt langsam die «neue Normalität». Wie gelingt eine Aktivierung der Wirtschaft ohne exponentielles Wachstum der Neuinfektionen? Gibt es Hoffnung auf ein baldiges Ende der Corona-Krise in den USA? Das Update von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino.
Am 20.04.2020 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino

Die "neue Normalität" im Umgang mit dem Coronavirus beginnt in vielen europäischen Ländern in diesen Tagen. Für verschiedene europäische Länder ist die zeitliche Staffelung und der Umfang der Lockerung zwar verschieden, im Grundsatz aber verfolgen alle Länder in Europa die gleiche Strategie: Trotz möglichst umfangreicher Aktivierung der Wirtschaft soll eine zweite Phase des exponentiellen Wachstums der Corona-Neuinfektionen vermieden werden.

Umfangreiche Kontrollen notwendig

Um dies zu erreichen, müssen die Neuinfektionen repräsentativ durch Tests erfasst werden können, die Infektionsketten müssen zurückverfolgt werden und die entlang den ermittelten Ketten exponierten Menschen müssen sich in Quarantäne begeben. Eine App wird diesen "test-trace-isolate"-Prozess voraussichtlich schon in wenigen Wochen unterstützen. Ausserdem müssen besonders gefährdete Menschen durch sinnvolle Quarantäne Dispositive besser geschützt werden. Damit diese Strategie gelingen kann, muss die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf genügend tiefem Niveau sein, die Testkapazitäten müssen vorhanden sein und gezielt eingesetzt werden können. Ausserdem müssen Ärzte und Pflegepersonal in Spitälern, Altersheimen und anderen Pflegeeinrichtungen über Schutzmaterial verfügen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden.

USA: Krise dürfte länger andauern

Während beispielsweise in Italien, Deutschland und der Schweiz diese Voraussetzungen inzwischen insgesamt gegeben sind, hat sich in den USA die Situation noch nicht soweit gebessert, dass die in Europa gewählte Strategie schon jetzt auch in den USA umgesetzt werden könnte. Ein breiter Konsens zwischen der Regierung in Washington und den Gouverneuren der einzelnen US-Bundesstaaten ist jedenfalls nicht erkennbar. Gegenseitige Vorwürfe zu fehlenden Testkapazitäten und zur Verfügbarkeit von Schutzmaterial für Ärzte und Pfleger beherrschen weiterhin die öffentliche Debatte. Dass Donald Trump kleinere Demonstrationen gegen den Lockdown in einigen Bundesstaaten auf Twitter unterstützt, sorgt ebenfalls für weitere Polemik. Dabei äussern sich inzwischen auch einzelne republikanische Gouverneure öffentlich kritisch zum Krisenmanagement des Weissen Hauses.

Wir befürchten, dass das Ergebnis eine länger als in Europa anhaltende gesundheitliche Krisensituation in den USA sein könnte. US-Gesundheitsexperten warnen vor einer verfrühten Öffnung der Wirtschaft. Bei gegenwärtig knapp 30'000 registrierten täglichen Neuinfektionen in den USA und einem kaum fallenden Trend dieser Zahl sind die Bedenken der Experten begründet. Der Widerstand in vielen Bundesstaaten gegen eine rasche Öffnung ist somit nachvollziehbar. Inzwischen hat Donald Trump eingestanden, dass die Bundesstaaten die Autorität besitzen, eine Aufhebung des Lockdowns zu beschliessen. Mit dieser neuen Haltung scheint Donald Trump aber auch die Verantwortung für die massiven wirtschaftlichen Folgen auf die Bundesstaaten abschieben zu wollen. Es ist Wahljahr in den USA und das "blame-game" ist trotz Corona-Krise in vollem Gange.

Massive Auswirkungen auf US-Wirtschaft

Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft sind tatsächlich massiv. Beispielsweise kann man aus der Zahl von über 20 Millionen Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung, die in den USA in den letzten vier Wochen eingereicht wurden, schliessen, dass die offiziell ausgewiesene US-Arbeitslosigkeit schon bei etwa 8% liegt. Damit hat sich diese Statistik seit Anfang März verdoppelt. Definiert man den Status der Arbeitslosigkeit breiter, indem man auch jene US-Arbeitskräfte mitzählt, die keinen Versicherungsanspruch auf Arbeitsloseunterstützung haben, dann dürfte die Quote der Arbeitslosen bereits bei über 15% der Erwerbstätigen liegen. In diesen Wochen werden viele börsenkotierte US-Unternehmen ihre Zahlen für das erste Quartal vorstellen. In den Zahlen selbst werden die Auswirkungen der Corona-Krise nur teilweise reflektiert sein. Aus den Kommentaren der Geschäftsleitungen wird man dennoch mehr Informationen zu den Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen erfahren. Unser Aktienresearch wird entsprechend den Nachrichtenfluss dieser Woche mit Berichten zu den Unternehmen begleiten.

Entwicklung an den Aktienmärkten

Am heutigen Montag eröffnen die weltweiten Aktienmärkte wenig verändert. Die europäischen Aktienmärkte sind seit Freitag kaum verändert. Der Schweizer SMI-Index ist aktuell etwa 0.5% im Plus. Für die US-Aktienmärkte wird heute ebenfalls wenig Veränderung erwartet, nachdem die US-Indices am Freitag etwa 3% zugelegt haben. US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 11% bis 15%, europäische Aktien etwa 23%, Schweizer Aktien etwa 9% und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 6% (alle Zahlen per 20.4.2020 ca. 11.00 Uhr MESZ, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).

Auswirkungen auf unsere Anlagestrategie

Die Situation an den Aktienmärkten hat sich in den letzten Wochen erheblich stabilisiert und auch die Verluste seit Anfang Jahr sind bei unseren Anlagestrategien deutlich weniger ausgeprägt. Die Situation in den USA unterscheidet sich gemäss unserer Einschätzung aber von jener in Europa. Das Risiko, dass die Corona-Pandemie in den USA einen anderen Verlauf nehmen könnte, als in Europa, erachten wir aufgrund des widersprüchlichen Krisenmanagements in den USA als beträchtlich. Insbesondere dieser Umstand lässt uns auf eine noch stärkere taktische Gewichtung bei Aktien derzeit verzichten. Wir halten aber nach den Käufen der letzten Wochen gegenwärtig eine strategisch neutrale Aktienquote in unseren Vermögensverwaltungsmandaten und Anlagelösungen.

BKB-Anlagelösungen: Vergleich der Performance bei Citywire

Auf der Plattform von Citywire können sie sich für die Strategien (Einkommen=Defensive, Ausgewogen=Balanced, Wachstum=Aggressive) einen Eindruck über die Performance unserer Anlagelösungen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten machen. Dies über verschiedene Zeitfenster, z.B. sinnvollerweise über die letzten drei Jahre. Ein Vergleich über fünf Jahre wird für unsere Anlagelösungen ab September 2020 möglich sein.

Angst ist kein guter Ratgeber

Wir wiederholen an dieser Stelle, dass Angst in diesem Umfeld kein guter Ratgeber ist. Wir haben uns sehr früh mit den Folgen einer Pandemie beschäftigt und können einen entsprechenden Notfallplan jetzt einsetzen. So wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche mobile Arbeitsplätze vorbereitet. Alle unserer wichtigen Funktionen in der Vermögensverwaltung sind (mindestens) doppelt besetzt; die Kollegen arbeiten an verschiedenen Bürostandorten oder von zu Hause aus. In den Büros gelten besondere Hygienevorschriften. Geschäftsreisen wurden streng reglementiert, Präsenztermine sind durch Video- und Telefonkonferenzen ersetzt. All das sichert einen reibungslosen Arbeitsablauf – und begrenzt mögliche Infektionsrisiken für die Kolleginnen und Kollegen sowie deren Familien.

Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Wir werden Sie dabei weiter laufend informieren. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.

Rechtliche Informationen

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