Corona-Update: Auswirkungen auf Wirtschaft und Aktienmärkte – erste Lockerungen in Sicht

Wie entwickelt sich die Corona-Pandemie? Was sind die Folgen für Wirtschaft und Aktienmärkte? Wann ist mit ersten Lockerungen der Massnahmen zu rechnen? Das Update von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino in der heutigen Telefonkonferenz für Anlagekunden.
Am 09.04.2020 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino

Transkript der Telefonkonferenz mit Anlagekunden vom 9. April 2020

Einführung

In der heutigen Telefonkonferenz möchte ich vor allem auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und auf das Geschehen an den Finanzmärkten eingehen. Insbesondere auch auf die Auswirkungen auf Ihre Vermögensverwaltungs-Mandate und Anlagelösungen der Basler Kantonalbank und der Bank Cler. Diese Anlagestrategien werden durch mein Team unter meiner Leitung bewirtschaftet.

Humanitärer Aspekt

Als erstes möchte ich betonen, dass bei der aktuellen Krise auch für uns in der Vermögensverwaltung, an allererster Stelle die Sorge um die Gesundheit der Menschen und unser Mitgefühl für das grosse menschliche Leid, das die Epidemie verursacht steht. Unser allerhöchster Respekt gebührt dabei allen Pflegekräften, Ärzten und anderen Helfern, die sich persönlich und mutig für die Linderung menschlichen Leids einsetzen.

Ich bin auch stolz darauf, dass auch die Basler Kantonalbank und Bank Cler am kantonalen und nationalen Unterstützungsprogramm mittels Krediten für KMU teilnehmen. Schweizweit ist das Volumen an Krediten, vor allem für Beträge unter 500'000 CHF bereits auf etwa 14 Milliarden Franken angestiegen.

Evolution der Pandemie

Seit unserer letzten Telefonkonferenz am 2. April hat sich die Situation in China, Europa und den USA verschieden entwickelt.

China

China ist inzwischen bereits auf dem Weg zurück in eine relative Normalität. In der Grossstadt Wuhan wurden diese Woche sogar die Reisebeschränkungen aufgehoben. Auch in der Hauptstadt Peking ist das pulsierende Alltagsleben zurückgekehrt. Mit Schutzmasken und strikter Bewegungs- und Gesundheitsüberwachung mittels mondernster Mobilfunk-Technologie, versucht China die ohnehin sehr weit entwickelte Netzinfrastruktur zur nachhaltigen Eindämmung der Corona-Pandemie zu nutzen. Es ist klar, dass die chinesische Ein-Parteien-Diktatur keine öffentliche, demokratische Debatte zum Datenschutz führen muss, wenn sie ihre totalitär anmutenden Überwachungs-Massnahmen umsetzt.

Trotzdem wird der technologische Rückstand in Europa und den USA in Sachen Zugang zu schnellem Internet und einer breiten Netzverfügbarkeit offensichtlich. Die Krise zeigt, dass in den Ausbau dieser immer wichtiger werdenden Technologien in Europa und den USA viel zu wenig investiert wurde. Home-Office für Büroangestellte oder Home-Learning für Schüler ist in den USA und in vielen Ländern Europas nicht breit verfügbar oder immer noch ein Privileg für Reiche.

Schweiz und Europa

In Europa werden schon nächste Woche die ersten Länder, insbesondere Österreich und Dänemark, konkrete erste Lockerungen der Quarantäne-Massnahmen beschliessen.  Auch in der Schweiz wird erwartet, dass der Bundesrat nach Ostern eine Strategie für einen Weg in eine Normalisierung aufzeigen wird. Hingegen hat in Grossbritannien oder Spanien die Gesundheitskrise ihren absoluten Höhepunkt zwar schon durchlaufen, die Fallzahlen und täglichen Todesfälle bleiben aber noch dramatisch hoch. Auch in Italien dürfte es noch einige Wochen dauern, bis mit begründeter Zuversicht erste vorsichtige Lockerungen möglich werden.

Wir gehen aber davon aus, dass ab Ende April in vielen Europäischen Ländern diese neue Phase der Krise beginnen wird: Die Normalisierungsphase. Kleinere und mittlere Verkaufsflächen in vielen Branchen werden wieder öffnen können. Dies gilt auch für viele Dienstleistungen die unter der Einhaltung von Schutzmassnamen ihre Arbeit wieder aufnehmen können.

Auch die Fertigung in der europäischen Industrie, beispielsweise in der Automobilindustrie wird wieder anspringen. Dabei müssen international vernetzte Liefer- und Fertigungsketten koordiniert und lückenlos wieder in Gang gebracht werden. Ob Hotels, Restaurants oder Kinos und andere Kultureinrichtungen schon Ende April wieder öffnen werden, ist derzeit aber noch sehr fraglich. Dies gilt ebenfalls für den Schulbetrieb in Europa, der je nach Land, noch deutlich länger unterbrochen bleiben könnte.

Ob Grossveranstaltungen wie Fussballspiele, Ausstellungen und Gewerbe- und Industrie-Messen wieder stattfinden werden bleibt fraglich. Ebenso gilt dies für den Tourismus, der diesen Sommer kaum in gewohnter Form stattfinden wird.

USA

Die USA hingegen durchlaufen aktuell gerade den Höhepunkt der Gesundheitskrise. Die ungenügende Vorbereitung auf den Ausbruch der Pandemie ist augenscheinlich. Das Weisse Haus leitet die aufkommende Kritik am Krisenmanagement Donald Trumps dadurch ab, dass es die Welt Gesundheits-Organisation, einzelne Unternehmen, die Medien oder China angreift. Diese Polemik bringt den betroffenen US-Bürgern aber keine Hilfe. Es ist auch zu beobachten, dass die Todesfälle in den USA vor allem die wirtschaftlich ärmeren sozialen Schichten und die Afroamerikaner am härtesten betreffen. Täglich sterben in den USA aktuell etwa 2000 Menschen an der Corona-Krankheit und es wird noch einige Wochen dauern, bis an eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität gedacht werden kann. Anders als von Donald Trump leichtfertig in Aussicht gestellt, wird es am Ostersonntag in den USA leider keine vollen Kirchen geben, sondern überfüllte Leichenhallen und unsägliches Leid.

Global

Weltweit betrachtet bleibt die Situation somit weiterhin sehr dramatisch und die Zahl der durch einen Test bestätigen Infektionen wird nach Ostern voraussichtlich die zweite Million erreichen. Die Dunkelziffer der nicht durch Tests registrierten Infektionen in Afrika und Südamerika, dürfte dabei sehr gross sein. In Europa und in einigen Wochen auch in den USA, ist die Hoffnung auf eine starke Reduktion der neuen Infektionen und Todesfälle berechtigt. Als globales Phänomen wird die Pandemie weltweit betrachtet aber über Monate eine tödliche Bedrohung bleiben. Es gibt somit auch in Europa keine rasche Rückkehr zur gewohnten Normalität. Eine neue Normalität muss rasch und dennoch verantwortungsvoll neu erfunden werden.

Verlust an den Aktienmärkten - Währungen

Die Aktienmärkte haben sich auch seit unserer letzten Telefonkonferenz leicht erholt. Insgesamt haben die globalen Aktienmärkte im April etwa 2% zugelegt. Dies vor allem als Folge der vielen sehr umfangreichen staatlichen Stützungsmassnahmen, die in den letzten Wochen beschlossen und teilweise auch rasch umgesetzt wurden. Seit Jahresanfang hat der Schweizer Aktienindex SMI aktuell etwa 12% verloren. Auch die US-Aktienmärkte verlieren seit Jahresanfang etwa 20%, Gesamt-Europäische Indices etwa 25% und chinesische Aktien etwa 8%. Die Lage an den Finanzmärkten ist also wiederum leicht besser als noch vor einer Woche, anlässlich der ersten Telefonkonferenz dieser Serie. Auch in der letzten Woche ist der Schweizer Franken nicht einem aussergewöhnlichen Aufwertungsdruck zum Opfer gefallen. Die Situation hat sich für den Schweizer Franken seit unserer letzten Telefonkonferenz somit nicht wesentlich verändert.

Folgen für die Wirtschaft

In unserer letzten Telefonkonferenz vom 2. April habe ich die erwarteten Auswirkungen der massiven fiskalischen und geldpolitischen Hilfsmassnahmen für die Staatsverschuldung an den Beispielen der Schweiz, Deutschlands, Italien und der USA dargestellt. Trotz der weiterhin grossen Unsicherheit über die kommende wirtschaftliche Entwicklung, ist klar, dass sich diese Länder in sehr verschiedenen Ausgangslagen befinden, um diesen enormen wirtschaftlichen Schock absorbieren zu können.

Andererseits werden auch Länder mit dickeren finanziellen Polstern, zu denen auch die Schweiz gehört, stark davon abhängen, dass neben der Binnenwirtschaft auch die Exportwirtschaft wieder in die Gänge kommt. Andernfalls kann die jetzt überall rasch steigende Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit im zweiten Halbjahr nicht rasch wieder absorbiert werden.

In den USA rechnet man kurzfristig mit einem Anstieg der Arbeitslosenrate auf über 12%. Für den Durchschnitt in der Eurozone mit einer Verdoppelung auf etwa 15%. Auch in der Schweiz könnte die 5% Grenze in den nächsten Monaten erreicht werden. Eine anhaltende Arbeitslosigkeit im Exportsektor aufgrund eines Einbruchs der weltweiten Nachfrage, würde aufgrund der Verunsicherung der Konsumenten wiederum eine Erholung der Binnenwirtschaft einschränken. Nur eine international koordinierte Antwort, kann eine solche negativ Spirale wirksam bremsen und notfalls auch umkehren. Eine Einigung der Finanzminister der Eurozone zu einem gemeinsamen Finanzierungsinstrument kam gestern zwar noch nicht zustande.

Wir rechnen in Anbetracht der Wichtigkeit dieser Kooperation dennoch mit einer baldigen gemeinsamen Lösung. Auch für den Ausblick der Schweizer Wirtschaft auf die kommenden Monate ist dieser Aspekt sehr wichtig. Auch die Weltbank und der internationale Währungsfonds könnten in den nächsten Wochen aktiver werden um einen Einbruch der globalen Nachfrage zu verhindern. Wir erwarten, dass nach der erfolgten wirtschaftlichen Notversorgung, die in einer ersten Phase vor allem durch nationale Massnahmen erfolgt ist, in einer zweiten Phase stärker auch international kooperiert werden muss, um eine nachhaltige Stabilisierung der Weltwirtschaft zu sichern.

Empfehlungen zu Aktien einzelner Unternehmen

Eine ausführliche Diskussion der Aktien einzelner Unternehmen sprengt leider den Rahmen dieses Formats. Wir aktualisieren aber laufend unsere Empfehlungslisten. Mit einem Team von fünf Analysten verfolgen wir laufend die Entwicklung der Aktien von etwa 150 Unternehmen und formulieren dazu Empfehlungen. Wir haben in diesen Tagen ein systematisches Screening des Schweizer Aktienmarktes durchgeführt und unter Einbezug unserer Analysten daraus eine Empfehlungsliste für Aktien von Schweizer Unternehmen zusammengestellt. Unser Ergebnis steht Ihnen gerne zur Verfügung. Sie können diese Studie gerne über Ihre Kundeberaterin oder Ihren Kundeberater beziehen.

Schlussbemerkungen

Wir erwarten, dass gegen Ende April in der Schweiz und anderen europäischen Ländern erste vorsichtige Massnahmen zur Normalisierung der aktuellen Situation umgesetzt werden. Eine schnelle Rückkehr zur gewohnten Normalität, wird es aber weder im Alltagsleben noch in der Wirtschaft geben. Wir sind aber zuversichtlich, dass es gelingen wird, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen mehr und mehr zu dämpfen. Ich bedanke mich dafür, dass Sie sich heute eingewählt haben und hoffe, dass meine Ausführungen für Sie von Nutzen waren.

Sie haben jetzt, wie angekündigt, die Möglichkeit hier direkt auch Fragen an mich zu richten.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.