Eidgenössisches Weidlingswettfahren 2023

Mit Vergnügen gegen den Basler (Rhein-)Strom

Das Eidgenössische Weidlingswettfahren 2023 zieht vom 1. bis 3. September Basel und die ganze Schweiz in seinen Bann: Das Kasernenareal verwandelt sich in ein Festgelände und zwischen der Wettsteinbrücke und der Mittleren Brücke werden Wettkämpfe ausgetragen. Wir sprachen mit dem langjährigem Weidlingfahrer Franz Amann und seiner Tochter Jasmin über ihr persönliches Verhältnis zu diesem traditionsreichen Sport mit grosser Bedeutung für unsere Stadt.
Am 28.08.2023 in Von Basel. Für Basel. von Ekaterina Cámara

Auf einen Blick

  • Sie sind seit Jahren mit viel Herzblut beim Weidlingfahren dabei und freuen sich auf den Startschuss: Psychomotorik-Therapeutin Jasmin Amann (27) und ihr Vater, der selbstständige Elektrosmog-Edutainer Franz Amann (57).
  • Das EWW 2023 soll neben spannenden Wettkämpfen das Weidlingfahren in der breiten Bevölkerung zu mehr Bekanntheit verhelfen und die nächsten Generationen für den traditionsreichen Sport begeistern.

Für alle, die es noch nicht wissen: Was ist ein Weidling? 

Franz Amann: Der Weidling ist im Gegensatz zum Kielboot ein Schiff mit einem flachen Boden, bzw. mit wenig Tiefgang. Gerudert wird im Stehen, wie bei einer venezianischen Gondel. Zusätzlich wird der Weidling im fliessenden Gewässer mit einem «Stachel» am Boden dem Ufer entlang flussaufwärts gestossen.

Jasmin Amann: Schon die Kelten griffen vor über 2000 Jahren auf solche Gefährte zurück: auf solch hölzernen Flachboote, wie sie heute beim Weidlingfahren eingesetzt werden. Heute bestehen die Weidlinge meistens aus Kunststoff. Jedenfalls kam man damit auf dem Wasserweg schon seit eh und je zuverlässig von A nach B und transportierte verschiedenste Güter. Damals wie heute können Weidlinge auch zur Personenrettung oder bei Hochwasser eingesetzt werden.

Das EWW 2023 ist das erste Eidgenössische Weidlingswettfahren seit 1978. Wie kam es, dass es so lange kein solches Wettfahren gegeben hat?

Franz Amann: 1978 fanden zum letzten Mal Paar- und Einzelwettkämpfe gleichzeitig als Eidgenössisches Wettfahren statt. Seitdem führte man das getrennt durch und die Wettkämpfe hiessen «Schweizer Meisterschaft» Mit dem EWW 2023 findet also quasi eine Entwicklung «zurück zu den Wurzeln» statt. Das freut uns, denn für Zuschauerinnen und Zuschauer ist das viel attraktiver.
Weidlingfahren gehört zum immateriellen Kulturerbe der Schweiz.

Fasnacht, Vogel Gryff, Herbstmesse… Hat das Weidlingswettfahren für Basel eine ähnlich grosse kulturelle Bedeutung?

Jasmin Amann: Durchaus. Es ist heute nicht allen bewusst, aber Basel und die Weidlinge haben eine sehr weit zurückreichende gemeinsame Geschichte. Basel war aufgrund seiner Lage schon immer mitten im Zentrum wichtiger Handelswege. Entsprechend war das Weidlingfahren früher ein sehr attraktiver Beruf und als Dienstleistung äusserst gefragt. Heute ist daraus ein anspruchsvoller Einzel- und Mannschaftssport geworden – mit lebendiger Tradition und viel Herzblut der Fahrerinnen und Fahrer.

Franz Amann: Die Bedeutung für Basel ist natürlich gross. Organisator des EWW 2023 ist der neu gegründete Trägerverein «Eidgenössisches Weidlingswettfahren 2023». Zu diesem gehören vier Basler Wasserfahrvereine: der Rhein-Club Basel 1883, der Fischer-Club Basel, der Nautischer Club Basel und WFV Rhywälle Basel. Es ist eine Ehre und grosse Freude für unsere Stadt, das Eidgenössische Wettfahren nach 45 Jahren Pause wieder in diesem Rahmen durchzuführen. Es erinnert auch daran, dass das Weidlingfahren seit 2012 auf der Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz aufgeführt ist ˗ eine Initiative von UNESCO zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Und dessen Ursprung liegt ˗ zwar nicht nur, aber auch ˗ in Basel.

Lassen sich auch junge Generationen für das Weidlingfahren begeistern?

Jasmin Amann: Glücklicherweise immer mehr. Der Sport entspricht dem gegenwärtigen Zeitgeist: Er ist einerseits traditionell und andererseits familiär. Dies bewegt junge Menschen, zusammen Sport zu treiben. Das Weidlingfahren schweisst auch zusammen: Wir bezeichnen uns als grosse Wasserfahrfamilie. Man muss auch nicht unbedingt Wettkampf-Fan sein. Man kann es auch ganz gemütlich nehmen und einfach fahren, wenn man Lust dazu hat.

Franz Amann: Weidlingfahren ist auch ein sehr nachhaltiger und gesunder Sport. Man muss dafür nicht erst weit irgendwo hinreisen. Es geht ganz einfach hier bei uns am Rhein. Das Ganze steht und fällt wirklich mit den jungen Generationen. Nur sie können die Tradition weiterleben lassen. Deshalb bin ich meinen Kindern Tobias und Jasmin so dankbar, dass sie anderen die Begeisterung für den Sport vorleben.

Herr Amann, Sie sind seit 43 Jahren begeisterter Weidlingfahrer. Wann entdeckte ihre Tochter den Sport ebenfalls für sich?

Franz Amann: Ich nahm regelmässig bis zu sechs Mal pro Jahr an Wettkämpfen teil und meine ganze Familie unterstütze mich dabei. Auch die Kinder konnten sich dafür begeistern. Und – zu meiner Überraschung und Freude begannen sie sogar irgendwann, selbst Trainings für Kinder ab 7 Jahren zu organisieren. Und sie betreuen aktuell in Basel circa 20 junge Fahrerinnen und Fahrer.

Jasmin Amann:
Für mich war es ehrlich gesagt damals erst Liebe auf den zweiten Blick: Für ein Mädchen war diese Sportart damals vor 15 Jahren ja auch noch recht untypisch. Das hat sich heute stark gewandelt. Es ist heute ganz egal ob man Mann oder Frau, alleine oder paarweise, sportlich oder nicht ist: jede und jeder kann das Weidlingfahren kennen- und lieben lernen. Und das haben auch sehr viele bereits getan: Insgesamt sind in der Schweiz aktuell 613 Sportlerinnen und Sportler lizenziert um an Wettkämpfen teilzunehmen. Interessanterweise kommt rund die Hälfte davon aus der Region Basel.

Gewinne ich beim Weidlingswettfahren eher mit Kraft oder mit guter Technik?

Jasmin Amann: Ich denke, beides ist gleich wichtig. Es ist wirklich ein Ganzkörpersport. Da es aber auf das Gesamtpaket ankommt, tritt man der Fairness halber in unterschiedlichen Kategorien an: Männer gegen Männer, Frauen gegen Frauen. Seit ein paar Jahren gibt es z.B. wie beim Tennis auch eine Mixed-Kategorie «Sie und Er».

Franz Amann:
Interessant ist auch, dass es ein Sport mit einer kaum vorhandenen Verletzungsgefahr ist: also sehr arbeitgeberfreundlich (lacht). Und aus biomechanischer Sicht einer, der durch das Gleichgewichtstraining als sehr gute Sturzprävention dienen kann. Das Tolle: Es ist eine der sehr wenigen Sportarten, bei der man aufgrund der Erfahrungen mit dem Wasser mit 50 Jahren noch gleich schnell und gut sein kann, wie ein 20-Jähriger.

Wie läuft das EWW 2023 im Detail ab?

Jasmin Amann: Es gibt das Paarwettfahren bei der Mittleren Brücke, das Einzelwettfahren bei der Wettsteinbrücke und ein Schnupperfahren unterhalb der Münsterfähre «LEU», für alle, die es gerne mal selber probieren wollen. Hierzu laden wir alle Baslerinnen und Basler ganz herzlich ein.

Franz Amann: Die drei Tage werden Sportbegeisterten, Fans und Neulingen ganz viel Spass bereiten. Auf dem Festgelände wird auch ordentlich für Unterhaltung und für ein gemütliches Beisammensein gesorgt.

Es wurde auch eine Festplakette angefertigt…

Jasmin Amann: Genau. Mit dem Kauf der Plakette für 10 Franken über die Webseite des EWW 2023 kann man das EWW 2023 unterstützen und seine Vorfreude zeigen.

Franz Amann: Zudem ist damit eine Fahrt mit der Münster- und Klingental-Fähre an den Festtagen vom 1.-3. September kostenlos. Man muss die Plakette nur der Fährifrau oder dem Fährimaa vorzeigen. Und: die Plakette ist einzigartig – so eine wird es wohl nicht mehr so schnell geben. Denn die nächste Austragung ist in drei Jahren geplant – und das wird nicht in Basel sein.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft vom Weidlingfahren?

Jasmin Amann: Dass es in der Bevölkerung noch bekannter wird und mehr Menschen einem Basler Verein beitreten. Vor allem mit der Austragung des EWW 2023 wird man sehen können: das ist ein inspirierender Sport. In der kommenden Zeit ist es zudem das Ziel, das EWW nachhaltig zu etablieren. Damit soll das Weidlingfahren als Sport für die Zukunft schweizweit gefördert werden.

Franz Amann: Ich freue mich, wenn die Tradition mit dem EWW 2023 und darüber hinaus ihre Fortsetzung findet. Ich rate allen dazu, die Perspektive vom Rheinschwimmer einmal zu wechseln und den Rhein auch mal aus einem Weidling zu geniessen. Von da ist Basel nämlich auch sehr schön. Zudem ist es aufregend gegen den Strom zu fahren und die Natur auf sich wirken zu lassen. Und: Falls Sie sich nicht zwischen dem Weidlingfahren und anderen Sportarten entscheiden können: Das Weidlingfahren in Basel ist zehn Jahre älter als der FC Basel 1893, wir haben zwischen der Dreirosenbrücke und dem Birsfelder Kraftwerk über 80 Fussballfelder Platz und… im Training am Rheinbord bei schönem Wetter deutlich mehr Zuschauer. (lacht)

Die Basler Kantonalbank freut sich sehr, das Eidgenössische Weidlingswettfahren 2023 als Partnerin zu unterstützen. Wir wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern viel Spass und Erfolg. 

Ekaterina Cámara

Redaktion

socialmedia@bkb.ch
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