Das Anziehen der US-Zinsschraube brachte bisher wenig Abkühlung in den Arbeitsmarkt. Wie werden die Inflationsdaten in den Vereinigten Staaten am 13. Oktober aussehen? Findet der erhoffte Rückgang statt? Falls nicht, könnte es die Märkte weiter verunsichern. Mehr dazu von Anlagechef Dr. Sandro Merino.
Die am 7. Oktober publizierte Statistik für den US-Arbeitsmarkt im September ist, zumindest aus Sicht der US-Notenbank, zu gut ausgefallen. Die Arbeitslosigkeit ist im September von 3.7% auf 3.5% gefallen und es wurden ähnlich viele neue Stellen geschaffen, wie schon im Vormonat August. Auch die US-Löhne steigen im September mit einer Rate von umgerechnet 5% pro Jahr unverändert kräftig weiter. Paradoxerweise reagieren die Aktienmärkte, in einem Umfeld das gegen die Inflation kämpft, negativ auf gute Wirtschaftsdaten. Das kann man aber nachvollziehen, wenn man berücksichtigt, dass die US-Notenbank hofft, dass schon möglichst milde Zinssteigerungen ausreichen, um die Wirtschaft zu bremsen. Wenn aber das Anziehen der Zinsschraube bisher wenig Abkühlung im Arbeitsmarkt erzeugen konnte, dann muss man befürchten, dass künftig noch heftiger agiert werden könnte. Es braucht also schlechte US-Wirtschaftsdaten zur Bestätigung, dass die höheren Zinsen den angestrebten dämpfenden Effekt auf die Nachfrage auch wirklich erzeugen.
Es bleibt die Hoffnung, dass am 13. Oktober die neuen US-Inflationsdaten für den Monat September in die gewünschte Richtung zeigen. Erwartet wird ein Rückgang von 8.3% (Aug) auf 8.1% (Sep). Eine Enttäuschung könnte die Märkte und die US-Notenbank Fed durchaus verunsichern. Aufgrund der Arbeitsmarktzahlen muss man wohl davon ausgehen, dass die Fed am 2. November die Leitzinsen von aktuell 3.25% auf 4% anheben wird.
Energiemangel in Europa?
Während der Überfall auf die Ukraine sich für Russland, sowohl auf militärischer als auch auf geopolitischer Ebene, zu einem kompletten Fiasko entwickelt, steigt in Europa die Sorge um eine mögliche Energiemangellage im Winter. Beim Gas konnten die europäischen Speicher auf das gewohnte saisonale Niveau gefüllt werden. Die Speichermengen reichen aber nicht für den ganzen Winter. Beispielsweise hat Deutschland die Gasspeicher auf ein Energieäquivalent von rund 250 TWh gefüllt. Es sind von Oktober bis Ende März aber insgesamt etwa 550 TWh notwendig, um ohne Mangel über den Winter zu kommen. Die Differenz von rund 300 TWh muss also auch über die Wintermonate nach Deutschland fliessen, damit das Gas nicht ausgeht. Selbst wenn Russland seine Gaslieferungen komplett einstellt, dann fliesst doch noch Gas aus Norwegen und anderen Quellen ausserhalb Russlands weiter nach Deutschland. Auch ohne russisches Gas kann der Bedarf von 300 TWh annähernd gedeckt werden. Allerdings werden in einem aussergewöhnlich kalten Winter rund 50 TWh zusätzlich benötigt. Auch die angestrebte Ersparnis beim Gasverbrauch von etwa 10% kann dafür sorgen, dass selbst ein kalter Winter ohne signifikante Einschränkungen überstanden würde. Insgesamt wird der Winter, was Gas betrifft, für Europa wohl zur Zitterpartie. Woche für Woche wird man beobachten, ob die Tankanzeige sich schon Richtung "Reserve" neigt.
Bezüglich der Ressource Gas dürfte der Ausblick für die Schweiz etwas besser sein als für Deutschland. Es ist allerdings schwierig, sich analog zu Deutschland, ein datenbasiertes Gesamtbild zu Speicherständen im Ausland und zu den verbindlich zugesagten Liefermengen zu machen. Auch beim Strom könnte die Lage je nach Wettersituation angespannt sein. Mit breiten Blackouts rechnen wir derzeit aber nicht. Mit einer Vielzahl von Produktions- und Koordinationsmassnahmen versucht Europa derzeit die Stabilität seiner Stromversorgung zu optimieren.
Milde Rezession in den kommenden Quartalen
Auch wenn die pessimistischen Szenarien nicht eintreten und eine akute Energiemangellage in Europa vermieden werden kann, so bahnt sich dennoch ein wirtschaftlicher Abschwung in Europa an. Es ist anzunehmen, dass Deutschland und Grossbritannien über den Winter Quartale mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung durchlaufen werden. Der seit dem Spätsommer stete Rückgang von Frühindikatoren und die sich trübende Stimmung der Konsumenten lässt befürchten, dass zumindest eine milde Rezession unausweichlich sein könnte.Anlagestrategie
Trotz vieler Krisen und teilweise unwägbarer Unsicherheitsfaktoren, bleibt die Perspektive auf eine deutliche Erholung an den Aktienmärkten intakt. Wir wägen gegenwärtig einen moderaten Zukauf von Aktien in unserer Anlagestrategie ab. Die Entwicklungen in der zweiten Oktoberwoche könnten interessante taktische Einstiegspunkte ergeben. Wir verfolgen die weitere Entwicklung derzeit ganz besonders intensiv.Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.