Das Super-Schaltjahr 2020 – Aus eins mach drei

Der 29. Februar – ein Tag, der auf dem Kalender nur alle vier Jahre erscheint. In diesem Jahr ist es wieder so weit: 2020 ist ein Schaltjahr und weist demzufolge einen Tag mehr auf. Wir haben die wirtschaftlichen Folgen des Schaltjahres für Basel und Region genauer betrachtet.
Am 28.02.2020 in Von Basel. Für Basel.

Über die Gründe für ein Schaltjahr existieren diverse Artikel und Informationen. Doch was bedeutet ein Schaltjahr eigentlich für Schweizerinnen und Schweizer und vor allem die Wirtschaft? Wie verändert sich die Wertschöpfung, wer profitiert davon und welche weniger schönen Effekte sind zu erwarten? Diese spannenden Fragen haben wir von BAK Economics analysieren lassen – mit Fokus auf die Region Basel.

Drei zusätzliche Arbeitstage aufgrund Verschiebung

Die Analyse kommt zum selbstverständlichen Schluss, dass im Jahr 2020 aufgrund des zusätzlichen Schalttages mehr erwirtschaftet wird als in «normalen» Jahren. Der 29. Februar 2020 fällt auf einen Samstag. Allerdings weist das Jahr 2020 damit aufgrund der kalendarischen Verschiebung nicht einen zusätzlichen Samstag, sondern einen zusätzlichen Wochentag auf. Gleichzeitig verschiebt sich der Nationalfeiertag auf den Samstag. Die Weihnachtsfeiertage, welche 2020 ohne Schalttag komplett während der Arbeitswoche stattgefunden hätten, geben ebenfalls einen Tag an den Samstag ab. Der kalendarische Wachstumsimpuls gegenüber 2019 wird damit nicht nur durch einen, sondern durch insgesamt drei zusätzliche Arbeitstage geprägt. Eine ähnliche Konstellation trat zuletzt im Jahr 2004 auf. Hierbei ist anzumerken, dass sich das vergangene Jahr bezüglich Feiertage sehr arbeitnehmerfreundlich zeigte.

Des einen Freud, des anderen Leid

Je zusätzlichem Arbeitstag arbeiten die Schweizer Erwerbstätigen durchschnittlich rund 6,3 Stunden mehr (auf Basis Normalarbeitszeit, inklusive Teilzeit). Auf die gesamte Schweiz hochgerechnet, bedeutet ein zusätzlicher Tag rund 32 Mio. Stunden an Mehrarbeit, die zusätzlich geleistet wird.

Im Kanton Basel-Stadt werden pro zusätzlichen Arbeitstag rund 1.2 Mio. Arbeitsstunden und im Kanton Basel-Landschaft rund 950'000 Stunden zusätzlich geleistet. Allerdings erhalten die Schweizer Beschäftigten für die Mehrleistung nicht auch zwingend mehr Gehalt, sondern das bleibt in den meisten Fällen auf Jahresbasis fixiert. Die zusätzlich geleisteten Stunden führen folglich zu einer gewissen Umverteilung von Arbeitnehmern zu Arbeitgebern. Ein zusätzlicher Tag ist auch mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Muss man doch mit seinem (fixen) Gehalt einen Tag länger auskommen bzw. hat weniger für die Ersparnisbildung zur Verfügung. Im Detailhandel werden beispielsweise durch Schalttage rund 100 Mio. CHF zusätzlich für Nahrungsmittel ausgegeben. Kaum zu vermeidende Mehrausgaben sind auch bei anderen Konsumbereichen, beispielsweise dem Energieverbrauch, zu erwarten.

Drei zusätzliche (Arbeits-)Tage in 2020 oder ein Roche-Turm zusätzlich…

Generell fällt der Einfluss von zusätzlichen Arbeitstagen auf das Schweizer Bruttoinlandprodukt im historischen Rückblick sehr gering aus. Ein zusätzlicher Arbeitstag bewirkt im Schnitt ein um rund 0,03 Prozent höheres Wirtschaftswachstum bzw. führt zu rund 200 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung. Hierbei ist zunächst zu bedenken, dass in der Schweiz nicht nur an Arbeitstagen, sondern auch an Wochenenden oder Feiertagen gearbeitet und Wertschöpfung generiert wird.

Das Wachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukts dürfte 2020 aufgrund der spezifischen Konstellation des Schaltjahres mit drei zusätzlichen Arbeitstagen um knapp 0,1 Prozentpunkte höher ausfallen als im Vorjahr. Die gesamtwirtschaftliche Schweizer Wertschöpfung fällt damit um rund 600 Mio. CHF höher aus als 2019. Zum Vergleich: die Baukosten für den Roche-Turm (Bau 1) betrugen rund 550 Mio. CHF. Branchenseitig profitieren vor allem das verarbeitende Gewerbe (knapp 300 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung), der Tourismussektor (knapp 50 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung) und der Handel1 (knapp 215 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung).

1) Detail-, Grosshandel und Garagengewerbe

Im Kanton Basel-Stadt führen die drei zusätzlichen Arbeitstage zu fast 60 Mio. CHF zusätzlicher Wertschöpfung. Wovon auf das verarbeitende Gewerbe, zu welchem insbesondere der gewichtige Pharmasektor gehört, rund 47 Mio. CHF entfallen. Im lokalen Handel fallen rund 6 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung an sowie im Gastgewerbe und den sonstigen Dienstleistungen jeweils rund 2 Mio. CHF. Die Effekte im Kanton Basel-Landschaft betragen 22 Mio. CHF. Auf das verarbeitende Gewerbe entfallen hiervon etwas mehr als 12 Mio. CHF. Im lokalen Handel fallen rund 8 Mio. CHF an zusätzlicher Wertschöpfung an, im Gastgewerbe rund 600 Tsd. CHF. Bei den sonstigen Dienstleistungen ergibt sich im Jahr 2020 durch den Kalendereffekt ein zusätzliches Wertschöpfungsplus von rund 1.2 Mio. CHF.

…aber kein Vergleich zum "FIFA-Effekt"

Die Schweizer Wirtschaft ist weitaus grösseren Effekten unterstellt. So haben beispielsweise Fussballweltmeisterschaften und Olympische Spiele eine wesentlich grössere Wirkung auf die Schweizer Wirtschaftsentwicklung als ein zusätzlicher Arbeitstag. Denn die Institutionen FIFA bzw. Internationales Olympisches Komitee haben ihren Sitz in Zürich bzw. Lausanne. Jahre, in denen Fussballweltmeisterschaften und Olympische Spiele stattfinden, führen aufgrund der damit verbundenen Lizenzeinnahmen zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von mehr als 3 Mrd. CHF. Dies ist mehr als das 15-fache dessen, was durch einen zusätzlichen Arbeitstag generiert wird.

Ein Jahr zum Heiraten und Kinder kriegen

Neben volkswirtschaftlichen Auswirkungen beeinflusst ein Schalttag auch die Bevölkerungsentwicklung. Pro Tag kommen in der Schweiz rund 240 Babys auf die Welt. Im Gegenzug sterben pro Tag rund 180 Personen in der Schweiz. Damit erhöht sich die Schweizer Bevölkerung netto um 60 Personen pro Tag. Hinzu kommen mehr als 100 Personen, welche pro Tag im Saldo (d.h. korrigiert um Auswanderungen) in die Schweiz einwandern.

Im Kanton Basel-Stadt dürfte die Bevölkerungszahl durch den Schalttag zumindest auf natürliche Weise unverändert bleiben. Pro Tag kommen durchschnittlich rund sechs basel-städtische Babys zur Welt. Allerdings sterben pro Tag im Schnitt auch rund sechs Einwohner des Stadtkantons. Ähnlich gibt sich die Situation im Kanton Basel-Landschaft mit rund 7 Babys pro Tag, aber auch einer fast genauso hohen Zahl an Einwohnern des Landkantons, welche im Schnitt pro Tag aus dem Leben scheiden.

Auch der Zivilstand ändert sich. Im Schnitt heiraten pro Tag rund 112 Paare in der Schweiz. Allerdings gibt es klare Präferenzen bezüglich der Wochentage. Die meisten standesamtlichen Eheschliessungen finden an Freitagen statt (fast 390 pro Freitag im Jahr 2018). Danach folgt der Samstag mit rund 140 Eheschliessungen. Damit kann am Schaltsamstag 2020 mit rund 140 Eheschliessungen gerechnet werden. Bezogen auf konkrete Schalttage wurde der Schweizer Rekord übrigens im Jahr 2008 mit 465 Eheschliessungen aufgestellt. Der Schalttag 2008 war, wie nicht anders zu erwarten, ein Freitag. Am letzten Schaltsamstag im Jahr 1992 gaben sich immerhin 125 Paare das Jawort. Allerdings liessen sich hier auch 18 Paare scheiden. Der bevorzugte Tag für Scheidungen ist übrigens der Dienstag. Konkret auf Schalttage bezogen fällt der historische Scheidungsrekord allerdings auf den Schaltdonnerstag 1996, als schweizweit 72 Schweizer Paare geschieden wurden.

Im Kanton Basel-Stadt ist der Freitag ebenfalls der mit Abstand beliebteste Tag für standesamtliche Eheschliessungen (durchschnittlich acht pro Freitag). Danach folgt der Donnerstag mit durchschnittlich vier Hochzeiten. Der Samstag fällt mit durchschnittlich zwei Eheschliessungen etwas ab. Für Scheidungen wird im Stadtkanton ebenfalls der Dienstag bevorzugt (rund drei Scheidungen pro Dienstag). Bezogen auf konkrete Schalttage liegt der Hochzeitsrekord im Kanton Basel-Stadt bei sieben. Diese Zahl wurde zuletzt am Schaltfreitag 2008 erreicht. Am letzten Schaltsamstag, im Jahr 1992, wurde hingegen nur eine Eheschliessung vollzogen. Der Scheidungsrekord wurde im letzten Schaltjahr, am Schaltmontag 2016 verzeichnet. Hier wurden drei Ehen geschieden. Am letzten Schaltsamstag im Jahr 1992 waren es zwei.

Auch im Kanton Basel-Landschaft ist der Freitag der mit Abstand beliebteste Tag für standesamtliche Eheschliessungen (durchschnittlich elf pro Freitag). Danach folgt der Donnerstag (durchschnittlich vier). Der Samstag fällt mit durchschnittlich zwei Eheschliessungen etwas ab. Für Scheidungen wird im Kanton Basel-Landschaft, wie im Schweizer Schnitt, der Dienstag bevorzugt (rund vier Scheidungen pro Dienstag).

Bezogen auf konkrete Schalttage liegt der Hochzeitsrekord im Kanton Basel-Landschaft bei 17. Diese Zahl wurde am Schaltfreitag 1980 erreicht. Dahinter folgt der Schaltfreitag 2008 mit 12 standesamtlichen Eheschliessungen. Am letzten Schaltsamstag, im Jahr 1992, wurden im Kanton Basel-Landschaft immerhin sechs standesamtliche Eheschliessungen vollzogen. Gleich hoch fällt der Scheidungsrekord aus, welcher am Schaltmittwoch 1984 stattfand. Am letzten Schaltsamstag im Jahr 1992 wurde eine Ehe geschieden. 

Mehr Tage - mehr Unfälle

Neben den erwähnten Effekten, führt ein Schaltjahr bzw. ein zusätzlicher Tag leider auch zu negativen Effekten. Über die letzten fünf Jahre verunfallten schweizweit pro Tag durchschnittlich 736 Personen bei der Arbeit (Berufsunfälle) bzw. 1469 in ihrer Freizeit (Nichtberufsunfälle).

Im Kanton Basel-Stadt passieren pro Tag durchschnittlich 29 Unfälle im Betrieb und 70 in der Freizeit. Der Kanton Basel-Landschaft weist mit 37 (Nichtbetriebsunfälle) bzw. 18 (Betriebsunfälle) wesentlich tiefere Unfallzahlen auf. Insofern kann aufgrund des zusätzlichen Tages in 2020 von einem entsprechenden Anstieg der Betriebs- und Freizeitunfälle ausgegangen werden.

Gelegenheit macht Diebe

Gelegenheit macht bekanntlich Diebe. Da das laufende Jahr über einen Tag mehr verfügt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Gesetzesverstössen. Aufgrund der historischen Erkenntnis dürfte mit 106 polizeilich registrierten Einbrüchen sowie rund 1200 Straftaten gegen das Strafgesetzbuch gerechnet werden. Auf Kantonsebene liegt Basel-Stadt mit durchschnittlich 4 Einbrüchen gleich auf mit Baselland. Die durchschnittlich täglichen Verstösse gegen das Strafgesetzbuch sind in Basel-Stadt mit 55 Fällen mehr als doppelt so hoch als in Baselland.

Erst einmal kein Candy Crush nach Sugar Rush

Nach dem arbeitstagsbedingten Sugar Rush 2020 erfolgt beim Wirtschaftswachstum 2021 noch kein Candy Crush. Im Jahr 2021 fallen gegenüber dem laufenden Jahr zwei zusätzliche Feiertage auf den Sonntag. Unter Einrechnung des wegfallenden Schalttages ergibt sich damit nochmals ein Arbeitstag mehr als es im laufenden Jahr der Fall ist. Insofern dürfte auch das kommende Jahr eine entsprechende wirtschaftliche Dynamik aufweisen.

Quellen: Bundesamt für Statistik, BAK Economics AG

Die in diesem Dokument enthaltenen Daten und Ausführungen dienen ausschliesslich Informationszwecken. Die Basler Kantonalbank (BKB) übernimmt keine Gewähr für deren Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit. Die gemachten Angaben basieren auf Analysen von BAK Economics AG und sind nicht das Ergebnis einer Finanzanalyse der BKB. Sie stellen überdies weder ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Wertpapieren bzw. Anlageinstrumenten in irgendeiner Form dar noch sind sie als Einladung oder Empfehlung zur Vornahme sonstiger Transaktionen zu verstehen. Das Urheberrecht an den in dieser Publikation enthaltenen Angaben und Ausführungen steht ohne anderweitigen Vermerk der BKB zu. Deren Verwendung durch Dritte, insbesondere in eigenen Publikationen, ist ohne vorgängige schriftliche Zustimmung der BKB nicht gestattet.

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