Andy Bensegger: «Die Gassenküche ist für viele wie Heimkommen.»

#bkb125 – Zeit, danke zu sagen.

Andy Bensegger leitet seit Jahren die Basler Gassenküche. Täglich erlebt er dabei Allerlei und ist mit seinem Team für alle da, die Hilfe brauchen. Heute sagen wir ihm und seinem gesamten Team: danke, dass in Basel alle, die wollen, eine warme und gesunde Mahlzeit kriegen.
Am 04.03.2024 in 125 Jahre BKB von Ekaterina Camara

Andy Bensegger, Leiter Gassenküche Basel

  • Alter: 59
  • Aufgewachsen in: Allschwil
  • Bei der Gassenküche seit: 2012
  • Hobbys: Reisen, Wildviertel-Clique in Allschwil (WVC)
  • Dafür bin ich dankbar: Dafür, dass ich gesund bin
Wie bist du eigentlich zur Gassenküche gekommen?
Früher war ich in der Reisebranche und im Tourismus tätig bei verschiedenen Fluggesellschaften. Mit der Tragödie von 9/11 erlebte diese Branche einen Abschwung und meine Vorgängerin bei der Gassenküche brauchte einen Springer. Ich habe zugesagt - und bin bis heute da. Als ich Leiter der Gassenküche wurde, hatte ich jedenfalls den Vorteil, dass das Team und die Stammgäste mich schon kannten. Einander zu vertrauen ist sehr wichtig. Für die Gäste ist der Besuch bei uns oft wie Heimkommen in die eigene Stube. Manchmal sind wir für jemanden sogar die einzigen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner am Tag. So erfahren wir vieles über die Menschen. Und wir werden zu wichtigen Bezugspersonen.

Wie sieht das Angebot in der Gassenküche aus?

Das Frühstück ist gratis, wie auch der Sonntagsbrunch. Am Abend gibt es entweder ein ganzes Menü (vegetarisch oder mit Fleisch) für 3 Franken, das unter der Leitung unserer beiden Profi-Köche zubereitet wird, oder die kostenlose Variante bestehend aus Salat, Suppe, Brot, Tee und Dessert. Jeder, der kommt, bekommt hier etwas Gutes.
Wie viele Menschen in Basel sind auf die Hilfe der Gassenküche angewiesen?
Das ist schwierig zu sagen. Es sind sehr viele. Im letzten Jahr hatten wir mit 61 437 Gästen einen neuen Rekord. Viele kommen aber nicht unbedingt nur aus finanziellen Gründen, sondern auch weil sie beispielsweise nicht für sich selbst sorgen können. Sei das aufgrund von Krankheit oder psychischen Problemen. Andere sind einsam und erleben einen Mangel an sozialer Interaktion. Sie möchten Geselligkeit: einfach mal rausgehen und unter die Leute kommen. Und dann kommen sie auch zu uns.

Vor drei Jahren zog die Basler Gassenküche um. Bist du mit dem neuen Ort an der Markgräflerstrasse zufrieden?
Die alte Gassenküche am Lindenberg war so eine Art «Höhle». Frauen haben sich da fast nicht hin getraut. Das ist im jetzigen Raum der Pfarrei St. Clara, der gross, hell und weitläufig ist, eine ganz andere Geschichte. Auch Frauen und ältere Damen kommen jetzt problemlos her, schwatzen miteinander und fühlen sich wohl. Das ist eine massive Verbesserung im Gegensatz zu vorher. Aber es gibt natürlich auch hier Herausforderungen.
Welche sind das?
Das Matthäusquartier und die Dreirosenanlage sind ja grundsätzlich nicht unproblematisch – hier geht so einiges. Wir hatten letzten Sommer während den Öffnungszeiten auch mit Taschendiebstahl zu kämpfen. Es hat sich nun gebessert und wir hoffen, dass sich diesen Sommer die Situation nicht wiederholt. Denn das mitzuerleben war wirklich für alle sehr belastend. Das wollen das auf keinen Fall für unsere Gäste.
Was ist das Wichtigste, was man in deinem Job braucht?
Hauptsache man nimmt alle so, wie sie sind. Die Menschen, die zu uns kommen, haben zum Teil so viel erlebt. Und auch ihr Alltag ist nicht immer so einfach. Viele habe nicht mal ein Zuhause. Sie sehnen sich nach einem Ort, an dem sie etwas Warmes essen und kurz abschalten können. In der Gassenküche können sie das und das ist unsere tägliche Motivation.

Was ist in der Gassenküche das Schönste für dich im Alltag?
Ich mache alles gern. Nicht nur die Büroarbeit und den Kontakt zu Behörden, Spenderinnen und Spendern und was sonst noch so anfällt. Ich bediene auch sehr gerne die Gäste. Aber das Schönste sind die Gespräche, die man täglich mit den Menschen führt. Vor allem in den Morgenschichten – da ist es etwas ruhiger und man kann sich da besser unterhalten. Wir haben viele Stammgäste. Man kennt sich. Oder man lernt sich kennen. Das macht das Ganze für mich einzigartig. Im Grunde wird die Gassenküche für viele Menschen zu einer Art Familienersatz. Das tut ihnen gut - aber es tut auch uns gut. Und dafür machen wir das auch.
Im letzten Jahr wurde die Gassenküche mit dem 50. Prix Schappo ausgezeichnet.
Genau. Die Gassenküche erhielt 2023 den Prix Schappo – eine Auszeichnung für alle Freiwilligen, die uns teilweise schon seit Jahren unterstützen. Rund 30 Prozent aller Aufgaben erledigen Freiwillige und dank ihnen können wir an über 300 Tagen im Jahr helfen und 40 000 gesunde Mahlzeiten servieren. Die Auszeichnung der Freiwilligen ist also absolut verdient und hat uns sehr gefreut. Wir waren sehr stolz auf sie.

Was wünschst du dir eigentlich für unsere Gesellschaft?
Dass wir die Augen offenhalten und für andere da sind. Viele Menschen sind auf den ersten Blick unscheinbar und unauffällig: sie führen ein normales Leben, wie wir uns ein «normales» Leben eben vorstellen. Doch dann passiert plötzlich oder mit der Zeit irgendetwas und sie fallen aus dem Schema der Normalität heraus. Dann kommen Hilfsorganisationen wie die Gassenküche ins Spiel und helfen. Das Netz an solchen Hilfsorganisationen ist in Basel im Vergleich zu anderen Städten sehr gross und das ist sehr gut so. Es gibt so viele Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Wenn wir uns nur auf uns selbst konzentrieren, verpufft das grosse Potenzial, das in uns steckt um anderen zu helfen.

Die Basler Kantonalbank unterstützt die Gassenküche seit Jahren. Wir danken Andy Bensegger, seinem Team und allen, die sich für soziale Einrichtungen in Basel engagieren für ihre wichtige Arbeit in unserer Stadt.

Ekaterina Camara

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