Aktienmärkte lustlos aber nah bei Allzeithochs - Kein Ende der Lockdowns in Sicht

Trotz der trüben Aussichten auf einen erneuten Pandemie-Sommer bleiben die Aktienmärkte stabil. Die Erholung der Energiepreise und das gigantische US-Hilfsprogramm werden sich bald auswirken. Ein Ende der Lockdowns ist in Europa nicht in Sicht. Das Update von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino.

Am 22.03.2021 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino

Trotz der trüben Aussichten auf einen Sommer 2021, der weltweit durch Massnahmen gegen die Pandemie geprägt sein wird, bleiben die Aktienmärkte stabil und aktuell eher von geringer Volatilität. Die Erholung der Energiepreise und das gigantische US-Hilfsprogramm werden sich in den nächsten Monaten auf die Entwicklung der Indices der Konsumentenpreise auswirken.

Dabei reagieren besonders Aktien von grossen US-Technologieunternehmen negativ auf steigende Zinsniveaus bei langlaufenden US-Staatsanleihen. Hingegen haben Finanztitel im Allgemeinen von der Normalisierung des US-Zinsniveaus am langen Ende der Zinskurve profitiert. Dieser Trend könnte sich in den nächsten Monaten fortsetzen. Die US-Notenbank signalisiert dabei unmissverständlich, dass sie das Ende der ultralockeren Geldpolitik äusserst behutsam und langsam angehen wird.

Überwindung der Pandemie wird noch Jahre dauern

Die wirtschaftliche Erholung am ersehnten Ende der Pandemie wird an den Finanzmärkten weiterhin eingepreist. Allerdings zeichnet sich ab, dass die Überwindung der Pandemie auf globaler Skala noch Jahre dauern wird. Die Hoffnung ist aber berechtigt, dass bis Ende 2021 die Impfkapazitäten und der weltweite Zugang zum Impfstoff verbessert werden können. Das Risiko, dass bei der weiterhin global starken Zirkulation des Virus neue Mutationen entstehen können, bleibt aber materiell. Nur eine weltweite Koordination der Impfkampagnen kann die Krise nachhaltig beenden. Diesem Aspekt wird gegenwärtig aufgrund des hohen innenpolitischen Erfolgsdrucks aber eher wenig Beachtung geschenkt.

EU erwägt Exportstopp für Astra Zeneca-Impfstoff

Dass die EU in diesen Tagen Astra Zeneca mit einem möglichen Exportverbot unter Druck setzt, um die Prioritäten bei der Lieferung des Impfstoffes zu verändern, ist nachvollziehbar. Allerdings wird dieser Streit recht wenig am langsamen Fortschritt der EU-Impfkampagne ändern. Auch in den USA wird es noch mehrere Monate dauern, bis hoffentlich eine Herdenimmunität erreicht wird. Aktuell wurden in den USA etwa 36 Impfdosen pro 100 Einwohner verimpft. Weil mit den derzeit eingesetzten Impfstoffen zwei Dosen pro Person notwendig sind, wird eine Herdenimmunität erst ab etwa 150 Impfdosen pro 100 Einwohner erwartet. Auch die USA sind also trotz rascherem Fortschritt als in Europa noch sehr weit vom Ziel entfernt.

Kein Ende der Lockdowns für die Schweiz und Europa in Sicht

Man mag es wirklich kaum mehr hören, aber die Fakten zeigen einen erneuten exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen. In Deutschland ist die 7-Tages-Inzidenz im Landesmittel innert Wochenfrist von 83 auf 107 Fälle pro 100'000 Einwohner gestiegen. Auch der entsprechende Wert für die Schweiz steigt und liegt aktuell bei etwa 115. Noch ist die Lage in den Intensivstationen weit weg von einer Überlastung. Die verantwortlichen Ärzte warnen bereits vor der zeitverzögert erwarteten Zuspitzung der Situation.

Grotesker Lockerungsdruck

Es scheint für den realpolitischen Prozess kaum möglich zu sein, dem zeitverzögerten Zusammenhang zwischen Massnahmen und Infektionsgeschehen angemessen Rechnung zu tragen. Vor wenigen Wochen hat man in Deutschland das Ziel, eine Inzidenz von unter 35 zu erreichen, wegen des "Lockerungsdruckes" aus vielen Bundesländer aufgegeben. Die Hoffnung war damals, dass trotz Lockerungen kein rasches Aufbäumen einer dritten Welle entstehen würde. Wenige Wochen später ist jetzt die dritte Welle wohl schon da und neue Lockdowns werden erwartet. Auch gewisse Bestrebungen im Schweizer Parlament, dem Virus sozusagen per Gesetz mitzuteilen, wann wir wieder gerne lockern möchten, wirken aus heutiger Sicht geradezu grotesk.

Wie man schon in Asien verfolgen konnte, ist eine breit angelegte Test- und Rückverfolgungsstrategie nur dann erfolgreich, wenn die Inzidenz in einem ersten Schritt durch strikte Lockdowns auf tiefes Niveau gesenkt werden konnte. Erst danach können sehr breit angelegte und verbindliche Testkampagnen die Pandemie vielleicht in Schach halten.

Lockdowns: Teure Halbherzigkeit

Am Ende sind viele aufeinanderfolgende halbherzige Lockdowns, welche zudem meist spät auf bereits exponentiell steigende Zahlen erfolgen, wohl teurer als die Alternative eines einmaligen, kurzen, aber sehr strikten Lockdowns. Anschliessend müsste eine wirksame und intensive Rückverfolgungsstrategie erfolgen. Diese Option dürfte allerdings aufgrund der steigenden Frustration und Ratlosigkeit zur aktuellen Lage kaum mehr umsetzbar sein. Es ist aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, dass in Europa die Herdenimmunität vor dem Spätherbst erreicht wird. Somit ist ein "Stop and Go" bis tief in den Herbst das wohl wahrscheinlichste Szenario für Europa.

Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie

Passend zum Ausblick auf einen Frühling mit Lockdowns sind die Aktienmärkte heute lustlos und kaum verändert. Neue Impulse kommen derzeit aus der deutschen Automobilindustrie, wo die Volkswagen Aktie das Duell mit Tesla aufgenommen hat. Auch die Zinsentwicklung könnte zu einer weiteren Erholung der weniger teuer bewerteten Finanztitel führen. (Stand ca. 13:45 22.3.2020 Basel Zeit)

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

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