Noch 11 Wochen zur US-Präsidentschaftswahl - Mögliche Auswirkungen auf die Aktienmärkte

In Umfragen führt Herausforderer Joe Biden deutlich vor Amtsinhaber Donald Trump. Doch was ist besser für die Rendite an den Aktienmärkten: ein demokratischer oder ein republikanischer Präsident? Eine Einschätzung von Chief Investment Officer Dr. Sandro Merino. 

Am 17.08.2020 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino
Joe Biden und Kamala Harris werden heute den Parteikongress der Demokraten eröffnen und die Kernthemen ihres Wahlkampfes vorstellen und vertiefen. Schon in 11 Wochen finden die US-Präsidentschaftswahlen statt und der Wahlkampf tritt bald in seine heisse Phase ein. Dabei bleibt, trotz eines deutlichen Vorsprungs von Joe Biden in den Umfragen, der Wahlausgang weiterhin offen.

Beeinflusst die Parteizugehörigkeit die Rendite?

Die Frage, ob ein republikanischer oder demokratischer Präsident besser für die Rendite an den Aktienmärkte sei, wird in vielen Studien untersucht. Die Ergebnisse fallen zahlenmässig seit 1945 zwar zugunsten von demokratischen Amtsperioden aus. Unter demokratischer Präsidentschaft hat der US-Aktienmarkt durchschnittlich bessere Renditen erzielt, als während der Amtszeit von republikanischen Präsidenten. Dieser Sachverhalt hat aber wenig Erklärungskraft und hängt damit zusammen, dass die Republikaner mit Nixon und Ford die Stagflation der 70er Jahre durchlaufen haben und auch damit, dass George Bush 2001 und 2007 im Amt war, als der US-Aktienmarkt zwei Mal sehr stark korrigierte.

Das plant Joe Biden als Präsident

Die Wahlkampfthemen, die Joe Biden vertritt, welche insbesondere auch für die Aktienmärkte relevant sind, betreffen die teilweise Umkehr der Steuersenkungen auf Unternehmenssteuern, die Donald Trump beschlossen hatte, Reformen im Gesundheitssystem und eine deutliche Anhebung des Mindestlohnes. Aber auch die stärkere Regulierung oder gar erzwungene Aufteilung der US-Technologiegiganten, die immer monopolähnlichere Strukturen entwickeln, steht weit oben auf der Agenda.

Die von Trump eingeführte Senkung der Unternehmenssteuern dürfte tatsächlich die Kursentwicklung bei US-Aktien in den letzten zwei Jahren angetrieben haben. Eine Umkehr dieses Trends zu tieferen Steuern bei einem Gewinn der Wahl durch Joe Biden könnte kurzfristig für moderate Kursverluste bei US-Aktien führen. Seit der Amtszeit von Ronald Reagan sind durch stark gefallene Steuereinnahmen viele öffentliche Institutionen in den USA, insbesondere im Gesundheitswesen, im Schul- und Bildungsbereich und bei der Infrastruktur, in vielen Aspekten unterfinanziert und entsprechend marode.

Das von Trump in Aussicht gestellte Infrastrukturprogramm für die USA konnte wegen fehlender Mehrheit im Kongress kaum umgesetzt werden. Ob Joe Biden bei einem Gewinn der Wahl mehr bewegen kann, hängt ebenfalls sehr stark davon ab, ob die Demokraten im Senat und im Repräsentantenhaus eine parlamentarische Mehrheit erreichen können.

Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren

Wir rechnen mit einem knappen Wahlausgang. Auch das Risiko einer Polemik zur brieflichen Stimmabgabe und einer Anfechtung der Wahlergebnisse, falls Donald Trump unterliegen sollte, erhöhen die Unsicherheit in Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl. Die weitere Entwicklung der Covid-19-Pandemie im Herbst könnte auch entscheidend das Wählerverhalten am 3. November prägen. Aufgrund der in vielen Ländern wieder ansteigenden Infektionszahlen, besteht ein beträchtliches Risiko, dass die Pandemie in der kälteren Jahreszeit in den USA und in Europa zu erneuten Lockdowns führen könnte.

Entwicklungen an den Märkten und Positionierung

Seit Ende Juni entwickeln sich die Aktienmärkte im grossen und ganzen seitwärts. Die wirtschaftliche Erholung hat wie erwartet seit Anfang Juni eine gewisse Dynamik entwickelt, welche sich, obwohl sich die Erholung fortsetzt, aktuell etwas verlangsamt. Die Überwindung der Pandemie wird uns voraussichtlich noch viele Monate beschäftigen und auch die negativen Spuren in der Wirtschaft bleiben deutlich. Die Schwäche des US-Dollars ist in den letzten Wochen ausgeprägter geworden. Wir haben unsere Exposition zum Dollar durch Reduktion der USD-Liquidität verringert. Wir bleiben auch weiterhin leicht untergewichtet mit unserer taktischen Aktienquote.

Heutige Marktentwicklung

Am heutigen Montag eröffneten die europäischen Aktienmärkte wenig verändert. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures ebenfalls eine kaum veränderte Eröffnung. US-Aktien liegen seit Jahresanfang je nach Index (Standard & Poors 500/ Dow Jones) in einem Band von -8% bis -2%. Gesamteuropäische Aktienindices verlieren seit Anfang Jahr etwa 12% und Schweizer Aktien etwa 4% (SMI Index). Chinesische Aktien (CSI 300 Index) hingegen liegen etwa 10 % im Plus (alle Zahlen per 17.08.2020 ca. 11:45 Uhr, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).

Angst ist kein guter Ratgeber

Wir wiederholen an dieser Stelle, dass Angst in diesem Umfeld kein guter Ratgeber ist. Wir haben uns sehr früh mit den Folgen einer Pandemie beschäftigt und können einen entsprechenden Notfallplan jetzt einsetzen. So wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche mobile Arbeitsplätze vorbereitet. Alle unserer wichtigen Funktionen in der Vermögensverwaltung sind (mindestens) doppelt besetzt; die Kollegen arbeiten an verschiedenen Bürostandorten oder von zu Hause aus. In den Büros gelten besondere Hygienevorschriften. Geschäftsreisen wurden streng reglementiert, Präsenztermine sind durch Video- und Telefonkonferenzen ersetzt. All das sichert einen reibungslosen Arbeitsablauf – und begrenzt mögliche Infektionsrisiken für die Kolleginnen und Kollegen sowie deren Familien.

Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Wir werden Sie dabei weiter laufend informieren. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Dr. Sandro Merino

Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management

Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.