Die Covid-19-Pandemie verursacht auch ein Jahr nach ihrem Ausbruch weltweit betrachtet weiterhin viele Todesopfer. In Brasilien sterben derzeit täglich über 4000 Menschen an der Virusinfektion, aber auch in Polen bleibt die Situation dramatisch. Der Impffortschritt in den meist reicheren Ländern, die sich einen Impfstoff sichern konnten, dürfte in wenigen Monaten zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. Betrachtet man heute die pandemische Lage in Israel oder im Vereinigten Königreich, dann kann man daraus ableiten, wie sich die Situation in der Schweiz und in der EU bis zum Hochsommer verbessern könnte. Es könnte aber Jahre dauern, bis die Situation weltweit normalisiert sein wird. Entsprechende gesundheitliche Regelungen im globalen Reiseverkehr werden heute diskutiert und teilweise schon implementiert.
Viele wirtschaftliche Indikatoren belegen, dass sich die weltweite Industrieproduktion und der Welthandel in Richtung eines Post-pandemie-Boom bewegt. Vor einem Monat führten die «steileren Zinskurven» zu Inflationsbefürchtungen und Schlagzeilen in der medialen Abdeckung der Finanzmärkte. Einfach erklärt, spricht man von einer «steilen Zinskurve», wenn eine 10-jährige Festhypothek einen viel höheren Zinssatz kostet als eine 2-jährige Festhypothek. Weltweit sind die Zinskurven historisch betrachtet heute eher flach. Und das bisschen Steilheit, das übrig ist, entsteht dadurch, dass die Zentralbanken die kurzen Laufzeiten durch tiefe Leitzinsen oder gar Negativzinsen kräftig nach unten drücken. Es zeugt aber beim Smalltalk immer von Finanzkompetenz, wenn man «flache Zinskurven» erwähnt. Merken Sie sich also den Begriff, selbst wenn Sie sich gar nicht für Finanzmarkt-Fachausdrücke interessieren. Unter uns sei aber verraten, dass, ausser der sprachlichen Verschleierung, oft wenig Tiefsinniges hinter dem Fachchinesisch der Finanzmärkte steckt. Seien Sie also mutig und trauen Sie sich zu fragen.
Sie werden enttäuscht sein, wie banal die Dinge, auf Deutsch erklärt, tatsächlich sind. Die beschwichtigenden Bemerkungen der Zentralbankvertreter haben offenbar Wirkung gezeigt. Die Situation an den Zinsmärkten hat sich beruhigt. Dennoch erwarten wir über die kommenden Quartale deutlich mehr Inflation. In Anbetracht des Einbruchs im letzten Jahr ist das kein böses Omen, sondern bloss ein Kompensationseffekt. In der März- Ausgabe dieser Publikation hatten wir die Inflationserwartungen ausführlicher kommentiert. Da wir heute wenig Neues dazu sagen können, verweise ich auf die März-Ausgabe unseres Investment Letters.
Strategie: Aktien weiterhin übergewichten
Wir erwarten, dass die besseren Wirtschaftsdaten für weitere Kursgewinne an den Aktienmärkten sorgen werden. Wir halten somit in unserer Anlagestrategie vorerst an unserer taktischen Übergewichtung von Aktien fest.
Willkommene Langeweile an den Finanzmärkten
Trotz der weltweiten Schlagzeilen, welche die Grossverluste unserer Schweizer Grossbank Credit Suisse verursachen, ist die Lage an den Finanzmärkten insgesamt eher ruhig. Wichtige Aktienindices erreichten im April neue Allzeit-Rekordhochs und auch der SMI notiert aktuell nur noch ganz wenig unter der Rekordmarke von 11 263 Punkten aus dem Februar 2020.
Falls Sie sich, mangels wichtigerer Themen, trotzdem fragen, wie eine Bank in wenigen Tagen 4,7 Milliarden USD mit einem einzigen Kunden verlieren kann, dann lautet die Antwort auf Fachchinesisch, dass die Bank im Collateral Management für Aktien Swap Derivate mit einem Hedge Fonds keine dynamischen Exposure Limits vereinbart hatte und sie deswegen die Positionen nicht rasch genug liquidieren oder besichern konnte. Auf Deutsch: Die Credit Suisse hat einem US-Milliardär Kredite über mehrere Milliarden gewährt, damit dieser mit den geliehenen Milliarden hochspekulative Aktienanlagen mit drastischen Klumpenrisiken tätigen konnte. Als Sicherheiten für den gewährten Kredit dienten dabei nur die Klumpen selbst. Dabei hatte die Bank möglicherweise kein vertragliches Recht, vom Kunden sehr rasch weitere Sicherheiten für den Kredit einzufordern oder direkt einzufrieren. Falls im nächsten James-Bond-Film also wieder ein Schweizer Banker in einer Nebenrolle kurz auftreten sollte, dann ist zu befürchten, dass dieser nicht nur wie üblich als bieder und spiessig karikiert wird, sondern auch noch als völlig bescheuert dargestellt wird. Gründe zur Schadenfreude gibt es keine, denn diese Vorfälle schaden dem ganzen Schweizer Finanzplatz.
Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.