«Der erste Lohn – der beste Moment, mit der Vorsorge zu starten»

Vorsorge ist für viele junge Menschen ein Thema, das weit in der Zukunft liegt. Doch genau jetzt – mit dem ersten Lohn – lohnt sich der Einstieg. Melanie Bissig, Leiterin Finanzplanung bei der Basler Kantonalbank, erklärt im Gespräch, warum frühe Vorsorge ein grosser Vorteil ist und wie junge Erwachsene klug starten können.
Vorgestern in Vorsorge von Ekaterina Cámara

Auf einen Blick

  • Jetzt starten lohnt sich: Wer mit dem ersten Lohn vorsorgt, nutzt den Zinseszinseffekt – und hat am Ende deutlich mehr auf der Seite.
  • Kleine Beträge, grosse Wirkung: Schon 100 Franken im Monat können viel bewegen – besonders, wenn sie klug angelegt sind.
  • Finanzielle Freiheit statt späterer Stress: Früh vorsorgen heisst, die eigene Zukunft selbst in die Hand zu nehmen – flexibel, steuerlich attraktiv und mit gutem Gefühl.

Frau Bissig, viele Jugendliche und junge Erwachsene denken beim ersten Lohn an neue Freiheiten – nicht an die Vorsorge. Warum ist es trotzdem sinnvoll, sich schon jetzt damit zu beschäftigen?

Das ist ganz normal. Der erste Lohn fühlt sich wie der Start in ein selbstständiges Leben an – und das ist er auch. Genau deshalb ist dieser Moment ideal, um Verantwortung für die eigene Zukunft zu übernehmen. Wer früh mit der Vorsorge beginnt, profitiert vom Zinseszinseffekt und kann über die Jahre deutlich mehr Kapital aufbauen. Zudem verändern sich die staatlichen und beruflichen Vorsorgesysteme laufend: der Rentenanspruch ist tendenziell am sinken. Wer rechtzeitig selbst vorsorgt, verschafft sich also die nötige finanzielle Freiheit.

Ab wann darf man überhaupt in die dritte Säule einzahlen?

Ein 3a-Konto, bei der Basler Kantonalbank Sparen-3-Konto genannt, kann man ab 18 Jahren eröffnen. Die Vorsorge mit der dritten Säule ist juristisch ab dem ersten AHV-pflichtigen Einkommen möglich.
Der erste Lohn fühlt sich wie der Start in ein selbstständiges Leben an – und das ist er auch.
Melanie Bissig, Leiterin Finanzplanung

Welche Stolpersteine kann es für junge Menschen beim Vorsorgen mit der dritten Säule geben?

Wichtig ist, dass das Geld in der Säule 3a langfristig bis zur Pensionierung gebunden ist – man sollte also nur Beträge einzahlen, die man zum aktuellen Zeitpunkt wirklich entbehren kann. Gerade in der Startphase macht es für Jugendliche und junge Erwachsene also oft Sinn, einige Zeit flexibler zu sparen: auf einem Privatkonto, Jugendkonto oder mit Anlagen. Auch wenn sich die Sparbeträge nicht vom steuerbaren Einkommen absetzen lassen. Hauptsache, man beginnt. Denn der wichtigste Schritt in der Vorsorge ist immer der erste. Hat man sich dann einen gewissen Sicherheitspuffer angespart, fährt man aber am besten mit Einzahlungen auf ein klassisches Sparen-3-Konto. Denn diese lassen sich vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abziehen. Übrigens: auch die Vorsorge mit Anlagen ist beim 3a-Sparen möglich und beliebt. Der Unterschied bei der Höhe der Renditechancen lässt sich ganz einfach mit unserem Rechner herausfinden.
Mein Tipp: Ein Dauerauftrag hilft, konsequent zu bleiben.
Melanie Bissig, Leiterin Finanzplanung

Welche Vorteile bringt ein früher Start ab dem ersten Lohn konkret?

Zeit. Das ist der grösste Vorteil überhaupt. Wer mit 20 beginnt, hat bis zur Pensionierung 45 Jahre, um Kapital aufzubauen und Rendite zu erzielen. Gerade Anlagen mit Aktienanteil bieten hier langfristig ausgezeichnete Aussichten: Es lohnt sich auf die Vorsorge mit Anlagen zu setzen, denn klassische Sparkonten bringen kaum noch Zinsen. Für 2025 beträgt der maximal einzahlbare 3a-Betrag 7258 Franken – wer regelmässig einzahlt, profitiert also doppelt: von Steuerersparnis und Vermögensaufbau. Mein Tipp: Ein Dauerauftrag hilft, konsequent zu bleiben. Er sorgt für Routine und verringert beim Vorsorgen mit Anlagen das Verlustrisiko durch den sogenannten Durchschnittspreiseffekt.

Wie funktioniert dieser Effekt?

Angenommen, Sie legen regelmässig den gleichen Betrag an – zum Beispiel jeden Monat 100 Franken. Weil sich die Kurse verändern, erhalten Sie mal mehr, mal weniger Fondsanteile für Ihr Geld: Bei tiefen Kursen kaufen Sie eine grössere Anzahl von Anteilen, bei hohen Kursen eine kleinere. Über die Zeit ergibt sich ein durchschnittlicher Preis pro gekauftem Anteil. Dieser liegt oft tiefer, als wenn Sie den ganzen Betrag auf einmal investiert hätten – und zwar bei einem hohen Kurs.
Es lohnt sich ab dem ersten Lohn, auf die Vorsorge mit Anlagen zu setzen.
Melanie Bissig, Leiterin Finanzplanung

Viele junge Menschen haben Lücken in der AHV, zum Beispiel wegen eines Studiums oder längerer Reisen. Was sollte man dabei beachten?

Das ist tatsächlich häufig der Fall. AHV-Lücken können später die Rente schmälern, lassen sich aber innerhalb von fünf Jahren nachzahlen – sofern man in dieser Zeit in der Schweiz versichert war. Deshalb empfehle ich, den sogenannten Individuellen Kontoauszug der AHV (IK-Auszug) regelmässig zu prüfen. Eine weitere Form der Vorsorge ist natürlich die 2. Säule: die Pensionskasse, in der man von Gesetzes wegen ab einem jährlichen Lohn von 22 680 CHF versichert sein muss. Hat man im Jahr 2025 versäumt, in die 3. Säule einzuzahlen, so können versäumte Einzahlungen in die Säule 3a unter bestimmten Voraussetzungen für Beitragslücken, die ab dem Jahr 2025 entstehen, nachgeholt werden.

Wie kann man denn sonst noch vorsorgen?

Eine weitere Form der Vorsorge ist die 2. Säule: die Pensionskasse, in der man in der Schweiz von Gesetzes wegen ab einem jährlichen Lohn von 22 680 CHF versichert sein muss. Lücken in dieser lassen sich mit Einkäufen schliessen. Und neu gilt: auch die 3. Säule kann nachträglich aufgestockt werden. Versäumt man einzuzahlen, können diese Einzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen für Beitragslücken, die ab dem Jahr 2025 entstehen, nachgeholt werden.

Wann kann man das Kapital in seiner dritten Säule wieder beziehen?

Das ist an klare Bedingungen geknüpft: Man kann sein Vermögen ab Alter 60, also frühestens fünf Jahre vor der Pensionierung beziehen. Aber auch bei bestimmten Lebensereignissen – etwa beim Kauf von den eigenen vier Wänden, bei einem Schritt in die Selbstständigkeit, beim Wegzug aus der Schweiz oder im Risikofall bei einer 100% Invalidität. Die dritte Säule ist also kein starrer Vertrag, sondern ein cleveres Instrument für die Vorsorge und zum Steuern sparen. Wer sie gezielt nutzt, schafft sich finanzielle Spielräume – und damit echte Freiheit.

Ihr wichtigster Rat an junge Menschen und deren Eltern?

Nicht zu lange warten. Auch kleine Beträge machen einen Unterschied, wenn man sie regelmässig spart. Eltern können ihre Kinder motivieren, einen Teil des ersten Lohns beiseitezulegen. Das schafft Bewusstsein – und ein gutes Gefühl. Denn Vorsorge bedeutet nicht Verzicht, sondern Verantwortung für die eigene Zukunft.
Illustrationen: Mit Unterstützung von KI erstellt.
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