Leukämie ist nicht das Ende: Stiftung für krebskranke Kinder

«Als Alexander mit 15 Jahren krank wurde, ging alles rasend schnell.»

Als sein Sohn mit 15 Jahren mit 'harmlosen' Armschmerzen zum Röntgen ging, vermutete Paul (damals 41) nicht, dass Alexander am selben Tag mit einer Krebs-Diagnose nach Hause kommen würde. Dank einer Stammzelltransplantation ist sein heute 31-jähriger Sohn jedoch fit, hat mehr als 80 Länder bereist und seiner Frau Leonie dieses Jahr das Ja-Wort gegeben.
Am 29.11.2020 in Von Basel. Für Basel. von Ekaterina Cámara

«Alexander hat dieses Jahr geheiratet», lächelt Paul. Er ist ein stolzer Vater. Und er strahlt Zufriedenheit und Dankbarkeit aus. «Ich will, dass alle betroffenen Eltern wissen: Es kann ein schönes Leben 'danach' für das eigene Kind geben. Und zwar mit Topnoten, einem guten Job, einer wundervollen Frau, vielen Reisen, Plänen und Träumen. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen!»

Paul wuchs in England auf, arbeitete zunächst in Heidelberg und wohnt seit 1989 – also seit Alexanders Geburt – in der Nähe von Basel. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Kommunikationsleiter ist er ehrenamtlich als Stiftungsrat und Vize-Präsident der Stiftung für krebskranke Kinder aktiv.

Dass er einmal Eltern von krebskranken Kindern unterstützen würde – das ahnte Paul zum Zeitpunkt von Alexanders Erkrankung überhaupt nicht. «Es kam damals alles dermassen plötzlich – und dann raste die Zeit wegen der vielen Ereignisse und Eindrücke an mir vorbei», erinnert er sich. Kurz wirkt er, wie in die damalige Zeit zurückversetzt.

Bild: Einer der ersten Wünsche, den Alexander sich nach der Genesung erfüllte: Ein Fallschirmsprung (2006)

Diagnose Leukämie – wie weiter?

Pauls Sohn verlor seine Mutter bereits als 8-Jähriger – sie starb an Herzversagen. Seine Schwester kam bei einem Motorradunfall ums Leben. Mit solch harten Schicksalsschlägen fertig zu werden, prägt fürs ganze Leben. Als Alexander 15 war, spielte er viel Handball. Mehrmals verspürte er Schmerzen im Arm, den er in der Notaufnahme abklären liess. Nach der Überweisung ins Spital kam vollkommen unerwartet die Diagnose: Akute myeloische Leukämie – im Volksmund als «Blutkrebs» bekannt.

Nach der hochdosierten Chemotherapie, die zwei Monate dauerte, stellte sich heraus, dass auch die Lymphozyten betroffen waren – die Diagnose wurde angepasst: Akute biphänotypische Leukämie lautete nun das Schicksal des bereits leidgeprüften Teenagers. Paul erinnert sich: «Die Ereignisse überschlugen sich. Es war eine Zeit mit vielen unterschiedlichen Ärzten, viel Unbehagen, Ungewissheit und Angst. Wie geht es jetzt wohl weiter? – Diese Frage stand permanent im Vordergrund.» Alexander erlebte Zustände der Todesangst. Manchmal war es sogar Todessehnsucht. «Es war sehr schwer für ihn. Eine ständig offene Mundschleimhaut, zwei schwere Lungenentzündungen, Schmerzen an Stellen, von denen er nicht gedacht hat, dass sie schmerzen können», zählt der Vater auf. «Die Chemotherapie ist eine unabdingbare Behandlung, hat aber heftige Nebenwirkungen.»

Bild: Alexander 2019 auf Reisen (Kampala, Uganda) mit zufällig getroffenen Kindern ohne Berührungsängste, dafür mit Sympathie für Smartphones.

Blutstammzellen eines Spenders bringen die Erlösung

Mit der Zeit wurde klar, dass einzig eine Blutstammzellen-Spende eine eventuelle Rückkehr zur Gesundheit ermöglichen könnte. Für Alexander fand man in der internationalen Spender-Datenbank zum Glück eine Person, die «passte». Als Vorbereitung auf die Transplantation fuhr man Alexanders Immunsystem schrittweise herunter. «Ansonsten hätte sein Körper die Stammzellen des Spenders sofort abgewiesen», so Paul. Einige Zeit nach der Transplantation wurde jedoch klar: Es funktioniert. Keine negativen Reaktionen des Körpers, die Entwicklung: positiv. Man atmete auf.

«…Echte Survivor-Zellen, die ich da von dir gekriegt habe!»

Vater und Sohn sind Spender Sebastian zutiefst dankbar. Sobald er durfte, schrieb Alexander ihn an. «Du hast mir das Leben gerettet!», war einer der ersten Sätze seiner langen E-Mail. Schliesslich trafen die zwei sich und redeten über alles. Dass Sebastian tatsächlich mal ein Leben retten könnte, war ihm, als er sich als Spender registrierte, nicht so richtig bewusst. Umso eindrücklicher war es für ihn dann, den bereits genesenen Alexander zu treffen und von ihm stolz den eingerahmten Venenkatheter präsentiert zu bekommen. Damit hatten die Ärzte seine Spendenzellen in Alexanders Körper gebracht. «Echte Survivor-Zellen, die ich da von dir gekriegt habe! Seitdem wurde ich nie mehr krank», strahlte Alexander und machte den zurückhaltenden Sebastian recht sprachlos.

«Wenn du mit jemandem an einem Tisch sitzt und dir plötzlich bewusst wird: Ohne ihn wärst du gar nicht mehr da – das ist ein unglaubliches Gefühl», erinnert sich der fröhliche 31-jährige Unternehmensanwalt, der 2016 in München sein erstes und 2018 sein zweites Staatsexamen mit Prädikat abschloss. Sein Vater ergänzt: «Toll fand ich auch, dass Sebastian diesen August Gast an Alexanders Hochzeit war. Es lässt sich schwer in Worte fassen, was man da als Vater so fühlt.»

Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie wichtig Organisationen wie unsere für Betroffene sind.

Das tat Alexander als allererstes nach der erfolgreichen Transplantation:

  • Meldete sich während seiner Zeit im Krankenhaus heimlich bei einer Stiftung, die die Träume krebskranker Kinder erfüllt und fuhr mit seinem Vater dank dieser Stiftung für zwei Wochen nach Jamaika.
  • Sprang mit dem Fallschirm im Tandem aus 4000m Höhe
Bild: 1. Staatsexamen - Akademische Abschlussfeier der Juristischen Fakultät der LMU München, Oktober 2016

Die Stiftung für krebskranke Kinder: Eine unverzichtbare Unterstützung für Betroffene

Organisationen wie die Stiftung für krebskranke Kinder bieten betroffenen Kindern und deren Eltern einen Mehrwert, den sie sonst von keiner anderen Seite erhalten würden. Auch Paul und Alexander erhielten zu der Zeit, als Alexander krank wurde, Hilfe von einer ähnlichen Stiftung. «Ich schätzte es sehr, dass es eine Organisation wie diese auch damals gab. Denn man fühlt sich als Betroffener rasch ziemlich hilflos. Eine Behandlung geht auch sehr schnell ins Geld und die Krankenkassen übernehmen – entgegen der landläufigen Annahme – bei Weitem nicht alle Kosten», erklärt Paul.

Neben der Tatsache, dass die Stiftung für krebskranke Kinder die Forschung auf diesem Gebiet fördert, hilft sie betroffenen Familien auch direkt. So bekommen diese beispielsweise die Möglichkeit, in einer Wohnung ganz in der Nähe des Basler Kinderspitals (UKBB) zu bleiben, während ihr Kind behandelt wird. Denn teilweise liegen zwischen ihrem Zuhause und dem Spital sehr viele Kilometer. Auch Fahrtkosten und Parkgebühren während der gesamten Behandlungsdauer – oft sind das viele Monate – reissen ein grosses Loch in die Haushaltskasse. Diese Kosten übernimmt die Stiftung ebenfalls. Zudem benötigt das Kind – und oft auch die Eltern – professionelle psycho-onkologische Betreuung, die von der Stiftung mit ermöglicht wird. So stolz Paul auf Alexander ist, so stolz ist er auch auf die Tätigkeit der Stiftung: «Wir erhalten viele Dankesschreiben. Das freut uns sehr, spornt uns aber auch an, noch besser zu werden.»

Bild: Alexander im August 2020 an seiner Hochzeit mit Ehefrau Leonie

Sobald die grauen Wolken vorbeigezogen sind, kommt fast immer die Sonne hervor.

Grosses Dankeschön für grossartige Hilfe

Vor allem aber ist Paul dankbar: «Ich möchte allen einen grossen Dank aussprechen, die uns damals unterstützten. Dazu zählt neben dem grossartigen Klinikpersonal beispielsweise auch mein damaliger Vorgesetzter. Er zeigte so viel Verständnis, dass ich trotz häufiger Abwesenheit keine Sekunde um meinen Job bangen musste. Meine Partnerin war ebenfalls eine sehr wichtige Stütze. Und nicht zuletzt bin ich den gemeinnützigen Organisationen dankbar, die uns damals halfen. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie wichtig diese für Betroffene sind. Deshalb setze ich mich herzensgern für diese ein. Und ich erinnere andere Eltern gerne daran: Sobald die grauen Wolken vorbeigezogen sind, kommt fast immer die Sonne hervor.»


Die Stiftung für krebskranke Kinder, Regio Basiliensis

Die Stiftung für krebskranke Kinder, Regio Basiliensis ging 1988 aus der Krebsliga beider Basel und einem Elternverein hervor und bezweckt die Unterstützung von krebskranken Kindern und ihren Familien.

Ihr Ziel ist die optimale Betreuung von an Krebs erkrankten Kindern und ihren Familien, die im Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB behandelt werden. Die Stiftung hilft finanziell, da die Krankenkassen nicht alle Kosten im Zusammenhang mit Kinderkrebs übernehmen. Das Augenmerk gilt zudem der Entlastung und professionellen Begleitung der Familien in dieser schwierigen Lebensphase. Das Kinderspital benötigt zusätzliche Mittel, damit es eine optimale Betreuung und Behandlung sicherstellen und Forschung betreiben kann. Als Förderstiftung arbeitet die Stiftung eng mit Projektpartnern im Bereich Kinderkrebshilfe zusammen, die Leistungen anbieten, die ansonsten kaum finanzierbar wären.

Ekaterina Cámara

Redaktion

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