Gordana Jovanovic (47) führt das Basler «Schoofegg», die älteste Beiz der Stadt. Sie lächelt fröhlich in die Kamera – so ist sie nun mal. Die sympathische Wirtin besass schon immer ein lebensfrohes Gemüt. Doch wie erging es dem Fasnachts-Urlokal in der Zeit, als die Gastrobranche ihr bisher wohl allergrösstes Tief erlebte? Anfang Jahr, am zweiten Tag der abgesagten Fasnacht und mitten im Lockdown sprach Gastroseelsorger Bernd Jungen (64) mit Gordana.
Gordana, du siehst müde aus ...
Vor dem Krieg in Montenegro und Dubrovnik konnte ich fliehen, aber wohin können wir fliehen vor dem unsichtbaren Virus? Zudem mache ich mir Sorgen, wie ich Löhne und Mieten bezahle. Das Schlimmste ist aber die schockierende Erfahrung, dass sich die Welt von einem Tag auf den andern völlig geändert hat und kein Stein auf dem anderen geblieben ist.
Corona verändert nicht nur die Gastronomie...
Am Schafeck hängt deine persönliche Existenz.
Zum Glück habe ich in 30 Jahren Gastronomie ein bisschen gespart. Ich betreibe das Schafeck mit vier Angestellten im dritten Jahr, während mein Partner sich um allen Bürokram kümmert. Vorher habe ich die Sonne an der Rheingasse geführt - keine 100 Meter von hier.
Die Gäste vom «Schoofegg» kannte ich bereits, es war schon lange meine Traumbaiz. Sie ist ein wahres Bijou im «Glaibasel», eine richtige Clique-Baiz, das Fasnachts-Urlokal der Stadt, wenn du es so nennen willst. Das «Charivari» wurde 1975 hier gegründet, ich habe davon Urkunden. Das «Schoofegg» gilt als die älteste Baiz Basels, wir feiern dieses Jahr den 547. Geburtstag. Hier ist meine Familie. Ich wurde sogar Olymper-Mitglied, als einzige Frau in der ältesten Herrengesellschaft der Stadt. Was für eine Ehre!
Umso mehr schmerzt eine Zwangsschliessung.
Auf einen warmen Sommer folgte ein milder Herbst.
Du bist wahrlich wie der «gute Hirte», der seine Schafe an der Stimme erkennt. Hast du hier deine Berufung gefunden?
Du gähnst: Fasnachts-, Frühlings- oder Coronamüdigkeit?
Ich mache mir vor allem finanzielle Sorgen. Im zweiten Jahr sind diese viel grösser als die Angst vor Covid und der Pandemie. Ich fühle mich allein und kann nicht abmachen mit guten Freunden. Ich setze meine Hoffnung auf die Impfung.
Bernhard Jungen
Gastroseelsorger & Pfarrer
Bernhard Jungen (64) ist Gastroseelsorger. Seit Jahren ist er als «Seelsorger der Seelsorgenden» unterwegs zu den Menschen, die im Gastgewerbe arbeiten. Hauptberuflich ist er Barkeeper-Pfarrer der Unfassbar, einem Bier-Mobil auf drei Rädern, das während der Krise auch vom Lockdown betroffen ist. Der Autor des Interviews arbeitete während der Pandemie an seinem Buch «Unfassbar – Wie die Basler Gastronomie der Krise trotzt» - einer Sammlung von 25 Interviews mit Basler Gastronomen über ihre Situation in Zeiten der Pandemie.