Verwandtenunterstützung: Ja oder nein?

Diese Frage kann leider nicht eindeutig beantwortet werden. Fakt ist jedenfalls: Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist grundsätzlich verpflichtet, in Not geratene Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen.
Am 10.07.2019 in Rund ums Geld von lic. iur. Lisbeth Schellenberg

In der Schweiz ist es grundsätzlich so, dass Personen in guten wirtschaftlichen Verhältnissen dazu verpflichtet sind, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, sobald diese in eine finanzielle Notlage geraten. Anderenfalls müsste die Sozialhilfe für die finanzielle Unterstützung aufkommen.

Was bedeutet finanzielle Notlage?

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts befindet sich eine Person in einer finanziellen Notlage, wenn sie sich das zum Lebensunterhalt Notwendige nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren kann. Häufig handelt es sich dabei um ältere Menschen, deren Einkommen aus AHV und Pensionskasse inkl. Vermögensverzehr nicht ausreicht, die Rechnungen für das Alters- oder Pflegeheim zu bezahlen.

Wer muss wen unterstützen?

Bei der Verwandtenunterstützung geht es immer um die direkte Verwandtschaft in auf- oder absteigender Form. Nicht unterstützungsverpflichtet und natürlich auch nicht -berechtigt sind unter anderem Geschwister, Stiefeltern, Stiefkinder und verschwägerte Personen. Wenn nun also das Geld für die Finanzierung des Pflegeheims fehlt, ist es theoretisch möglich, dass Kinder oder nachfolgend die Grosskinder zur Unterstützung der Eltern oder Grosseltern verpflichtet werden. Die umgekehrte Unterstützung ist auch möglich. D.h. es gibt Fälle, wo Eltern oder Grosseltern die erwachsenen Kinder oder erwachsenen Enkelkinder unterstützen müssen.

Welches sind die Entscheidungsgrundlagen?

Die kantonale Sozialhilfe prüft die Beitragsfähigkeit erst, wenn das steuerbare Einkommen mind. CHF 120'000.- für Alleinstehende bzw. CHF 180'000.- für Ehepaare übersteigt (inkl. Vermögensverzehr). Der Zuschlag für minderjährige Kinder in Ausbildung beträgt CHF 20'000.-. Der Freibetrag beim Vermögen liegt bei CHF 250'000.- für Alleinstehende und CHF 500'000.- für Ehepaare. Das bedeutet in der Praxis, dass sich die Verwandtenunterstützung in der Regel auf gutverdienende und wohlhabende Verwandte beschränkt. Sie wird also vor allem dann angewendet, wenn es aus Sicht der Steuerzahler ungerechtfertigt wäre, wenn das Gemeinwesen für die Kinder oder Eltern wohlhabender Verwandter aufkommen müsste.

Beratung der BKB

Wünschen Sie eine Beratung zum Thema Vorsorgen oder Erben? Die Spezialistinnen und Spezialisten der Basler Kantonalbank stehen Ihnen gerne zur Seite. Wählen Sie die Telefonnummer +41 61 266 33 33 oder benutzen Sie das Online-Kontaktformular.


lic. iur. Lisbeth Schellenberg

Erbschaftsberaterin

Unser E-Newsletter