Erinnern Sie sich noch an Doc Brown? Der verrückte Wissenschaftler erfand in dem Film «Zurück in die Zukunft» das Zeitreisen. Als Treibstoff nutzte er Bananenreste. Zeitreisende sind wir noch lange nicht. Aber wir und unsere Güter legen jährlich unzählige Kilometer zurück, wodurch wir unsere Erde an ihre Grenzen bringen. Es wird dabei nicht genügen, Antriebsmotoren zu ändern. Vielmehr muss auch darüber nachgedacht werden, wie viel Mobilität nötig ist.
Am 29.01.2021 in N° 1/2021 von Dr. Rolf Wetzer, Finanzanalyst, und Elmar Sieber, Finanzanalyst

CO₂ ist der Stoff, der die Erde zur Weissglut treibt. Jahr für Jahr pusten wir davon 40 Milliarden Tonnen in die Luft. Das entspricht dem Gewicht von 770 000 Titanic-Schiffen, jede achte Tonne davon stammt von unserem Verkehr. Eine klimaneutrale Mobilität könnte also jährlich das Gewicht von knapp 100 000 Titanics an CO₂-Emissionen einsparen. Einfach wird das nicht. Es gibt derzeit rund 1.4 Milliarden Autos auf dieser Welt. Würde man sie alle in der Schweiz parken, wäre ein Viertel der Fläche bedeckt. Und jährlich kommen über 80 Millionen Autos dazu. Drei pro Sekunde.

Alternative Antriebsformen im privaten Bereich

Bislang fahren Autos in der Regel mit einem Verbrennungsmotor. Um Schadstoffe zu reduzieren, wurden sie windschnittiger, sauberer und energieeffizienter als früher. Aber weil es immer mehr davon gibt, löst sich das Problem nicht. Daher denkt auch die Automobilindustrie über neue Antriebsformen nach. Elektromotoren spielten schon in der Gründerzeit des Automobils um 1900 eine wichtige Rolle. Sie sind kleiner, leiser und energieeffizienter als Verbrennungs-motoren und emittieren keine schädlichen Abgase. Hier stehen Batterien oder Brennstoffzellen im Vordergrund. Batteriegetriebene Motoren sind derzeit der Standard unter den Elektroautos. Batterien sind relativ schwer, was die Reichweite der Fahrzeuge begrenzt, und es braucht ein flächendeckendes Stromtanknetz mit Schnellladegeräten. Wird allerdings nur regenerativ erzeugter Strom eingespeist, wäre das ein riesiger Schritt in die klimaneutrale Mobilität. Leistungsfähige Batterien sind dabei der Kern des Ganzen. Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in Dübendorf forscht an der nächsten Generation von Batterien, die langsamer altern und schneller laden sollen, die schwedische Firma Northvolt will sie dann in Europa in Serie bauen. Die EMPA forscht zugleich an der übernächsten Generation von Batterien. Diese wären dann nicht mehr brennbar, könnten höhere Leistung abgeben, innerhalb weniger Minuten laden und halbierten damit Gewicht, Grösse und Kosten der heutigen Batterien. Einziger Wermutstropfen: Wir müssen noch rund zehn Jahre darauf warten.

Alternativ können wir Elektromotoren mit einer Brennstoffzelle antreiben. Diese wandelt die Energie von Wasserstoff in Strom um, als Nebenprodukt entsteht kein CO₂, sondern Wasser. Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum. Mit ihm als Treibstoff flog beispielsweise der Mensch 1969 zum Mond. Die Brennstoffzelle ermöglicht höhere Reichweiten als Batterieautos, bei einem deutlich tieferen Fahrzeuggewicht. Man kann Wasserstoff mithilfe von regenerativer Energie entweder aus Wasser oder aus Methan CO₂-frei herstellen. Übrig bleiben dabei die unschädlichen Elemente Sauerstoff oder Kohlenstoff. Durch Wasserstoff ist es möglich, Energie in grossen Mengen zu speichern und zu transportieren. Diese Technologie benötigt jedoch ein flächendeckendes Tankstellennetz, was teuer ist. Die ETH Lausanne wartet hier mit einem innovativen Vorschlag auf. Durch ihre Erfindung könnten private Haushalte selbst zu kleinen Wasserstofftankstellen werden.

Jedes Jahr pusten wir 40 Milliarden Tonnen CO₂ in die Luft. Das entspricht dem Gewicht von 770 000 Titanic-Schiffen.

Waren- und Personentransport

Neben dem privaten Verkehrsaufkommen spielen die Bereiche Transport und Logistik ebenfalls eine wichtige Rolle beim globalen CO₂-Abdruck. Der Anstieg des CO₂-Ausstosses im Bereich Transport hat mehrere Gründe. Haupttreiber sind die Globalisierung mit der dabei verbundenen Verlagerung der Produktions-prozesse sowie der steigende Wohlstand. Ein Beispiel aus der Textilwelt: Baumwolle aus den USA wird in Asien mit Maschinen aus der Schweiz und vielen heimischen Arbeitskräften verarbeitet und dann mit dem Schiff in alle Welt verfrachtet. Um die Transporte zu vermindern, müsste man wieder verstärkt vor Ort produzieren. Daneben sind auch bei den Verkehrsmitteln für Waren- und Personenverkehr Effizienzsteigerungen zentral.
 
Im Warentransport gibt es vom einfachen Lastenrad über kleine Lieferwagen bis hin zu den dicken Brummis den Trend zum Elektroantrieb. So verfügt die Deutsche Post über ein eigens entwickeltes Elektrozustellfahrzeug. Der Schwerlastverkehr tendiert hingegen klar zur Wasserstofftechnologie, Batterien wären hier schlichtweg zu schwer und die Ladezeiten zu lange. In der Schweiz gibt es derzeit dazu ein Pilotprojekt zwischen den Firmen Hyundai und HS-Energy. Der nötige Wasserstoff stammt aus dem Flusskraftwerk Gösgen an der Aare. Auch Flugzeuge sind viel effizienter als früher und erreichen deutlich bessere Verbrauchswerte pro Person und Kilometer. Firmen wie Airbus überlegen zudem, ob sie Flugzeuge künftig aufgrund des geringen Gewichts mit Wasserstoff betreiben könnten. Und selbst die als umweltschonend geltende Bahn testet den Einsatz von Wasserstoff. So baut bspw. die Schweizer Firma Stadler Rail einen mit Wasserstoff und Brennstoffzellen betriebenen Zug für die USA und für die Zillertalbahn in Österreich.

Alternative Mobilitätskonzepte

Auch unser Individualverkehr steigt stetig an, weil viele inzwischen oft alleine oder zu zweit in Städten wohnen, zur Arbeit und zu Freizeitaktivitäten pendeln, gerne verreisen und wir uns viele Dinge nach Hause liefern lassen. Die öffentliche Hand versucht deshalb seit geraumer Zeit, durch Verkehrsplanung, durch Förderungen und Regulierungen den wachsenden Verkehrsstrom so zu leiten, dass das Zusammenleben gesichert und Umweltziele erreicht werden.
 
Dabei möchte die praktische Verkehrsplanung Verkehr möglichst gar nicht erst entstehen lassen. Politische Verkehrsplanung hingegen fördert gezielt positive Verkehrselemente, macht Umweltsündern das Leben schwer und verteuert unerwünschte Produkte. Verkehrsplaner setzen auf Radverkehr von Personen und Warentransporten, öffentlichen Verkehr und die Möglichkeit, über «Park und Ride» und Parkleitsysteme den Verkehr aus den Städten fernzuhalten. Auch Initiativen wie Carsharing werden gefördert. Angebote wie Mobility und CatchACar erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sportliche Zeitgenossen wechseln zudem direkt vom Auto aufs Fahrrad, zumal viele Arbeitswege weniger als 10 km betragen, oder gehen gleich zu Fuss. Wieder andere steigen auf den öffentlichen Nahverkehr um, wenn er wie in der Schweiz gut ausgebaut ist. Die Politik greift also zu Zuckerbrot und Peitsche. Sie versucht, CO₂-neutralen Verkehr zu subventionieren und unliebsame Verkehrsmittel mittels einer CO₂-Steuer zu belasten.

Bild: Das Velo als Synonym für umweltfreundliche Mobilität. Viele Städte bauen Radwege aus, richten verkehrsberuhigte Zonen ein und leiten die motorisierten Verkehrsteilnehmer auf Umgehungsstrassen um.

 

Beispiele für alternative Verkehrskonzepte:

  • Schweden hat 1991 eine relativ hohe Abgabe auf den Ausstoss von CO₂ eingeführt. Seither ist die skandinavische Volkswirtschaft um 78 % gewachsen und konnte ihren CO₂-Abdruck um gut ein Viertel verringern.
  • In vielen europäischen Städten wie Stuttgart, Antwerpen, Brüssel, Athen, Paris oder London gibt es inzwischen Umweltzonen, ständige oder zeitliche Verkehrsbeschränkungen, die sich nach der Art der Emissionen richten.
  • Göteborg, die zweitgrösste Stadt Schwedens, hat seit den 1980er-Jahren den Verkehr massiv beruhigt. Dadurch wandelte sie sich von der gefährlichsten zur sichersten Stadt in Schweden. Zudem verdoppelte sich der Fussgänger- und Fahrradverkehr.
  • Auch gibt es heute ganze Fahrradstädte. Beispiele dafür sind Kopenhagen sowie Houten und Utrecht in den Niederlanden. Dort wurden Siedlungen und Stadtviertel so geplant, dass sie autofrei sind. Das Rad eroberte die Innenstädte und ist das schnellste und einfachste Verkehrsmittel. In Houten ist das seit 40 Jahren erprobt.
  • Eine radikale Lösung wird in Singapur erprobt. Dort kann man ein neues Auto nur dann anmelden, wenn zugleich ein anderes verschwindet. Zudem kostet eine Zulassung rund 35 000 Franken und gilt für ein Jahrzehnt. Wer dennoch fährt, bezahlt je nach Uhrzeit massive Mautgebühren. Das Ziel ist eine Stadt ohne Verbrennungsmotoren und Verkehrschaos. Als Ausgleich investierte man 15 Milliarden Franken in den Nahverkehr. Es gibt eine App, um die Rush-hour zu vermeiden. Ausserhalb der Stosszeiten fährt man umsonst und bekommt ein Getränk spendiert.
  • In grossen Städten gibt es weit über 100 000 Paketzustellungen am Tag. Städte wie Köln, San Sebastian, Utrecht, Nürnberg, Hamburg, Frankfurt, Leeds oder Paris haben daher inzwischen Verteilstationen für Paketsendungen eingerichtet, von wo aus diese mit Lastenrädern ausgeliefert werden. Barcelona steuert seine Logistikdienste, indem via App Parkraum in temporäre Lieferzonen umgewandelt und für eine gewisse Zeit reserviert wird.

Es tut sich also etwas in Sachen Mobilität. Wollen wir den CO₂-Abdruck wirklich verändern, braucht es das Zusammenspiel von technischer Innovation, intelligenter Verkehrssteuerung und politischem Willen. Und nicht zuletzt eine Veränderung unserer Fahr- und Lebensgewohnheiten. Nur dann werden aus Pilotprojekten wirtschaftlich erfolgreiche Massenprodukte. Und wer weiss? Vielleicht greifen wir ja eines Tages sogar auf Doc Browns Bananenreste zurück.

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