Netto-Null: eine Herkulesaufgabe als Chance für Investierende

In der Schweiz und in vielen Ländern weltweit ist es erklärter politischer Wille, den menschengemachten Klimawandel bis spätestens 2050 zu stoppen. Dazu müssen die Treibhausgasemissionen einerseits mithilfe von Effizienztechnologien drastisch und schnell sinken. Andererseits zeichnet sich heute schon ab, dass das Ziel nicht ohne substanzielle CO₂-Abscheidung aus der Atmosphäre erreichbar ist. Massnahmen in beiden Bereichen sind politische und technische Herkulesaufgaben, die Investitionen in Milliardenhöhe notwendig machen und damit auch Anlagechancen schaffen werden.
Am 29.01.2021 in N° 1/2021 von Ennio Perna

Ab dem Jahr 2050 will die Schweiz netto keine Treibhausgase mehr ausstossen. Es ist jedoch schon heute klar, dass wir unseren CO₂-Ausstoss nicht vollkommen auf null senken können. Selbst mit ambitionierten Klimaschutzplänen, die hohe Investitionen in Energie- und Ressourceneffizienz vorsehen, wird ein gewisses Mass an Restemissionen übrig bleiben. Deshalb wird kein Weg daran vorbeiführen, verbleibende Treibhausgasemissionen mit sogenannten Negativemissionstechnologien aus der Atmosphäre zu entfernen. Dies beispielsweise durch grossflächige Aufforstung oder das aktive Einbringen von Pflanzenkohle in landwirtschaftlichen Böden, wodurch zusätzlicher Kohlenstoff gebunden werden kann. Unternehmen, die solchen Ansätzen und Technologien zum Durchbruch verhelfen wollen, sind derzeit vielerorts am Entstehen. So zum Beispiel das Start-up Carbonfuture. Seine Transaktionsplattform (https://carbonfuture.earth) bringt auf einem Marktplatz alle notwendigen Teilnehmenden für die Nutzung von Pflanzenkohle zusammen: Anbietende von Pflanzenkohleprojekten, Auditoren und unabhängige Zertifizierende, Händlerinnen und Händler und alle, die solche Projekte als Anlegende oder Kreditgebende finanzieren wollen. Oder die Firma Climeworks, ein Spin-off der ETH Zürich, das schon seit einigen Jahren modulare Anlagen baut, mit denen CO₂ direkt aus der Luft gefiltert werden kann. Angesichts der immer ambitionierteren Klimapläne der Politik zeichnen sich für solche Unternehmen sehr grosse Zukunftsmärkte ab.

Viel Reduktionspotenzial in der Schweiz

Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz 46.4 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente (t CO₂-eq) ausgestossen (ohne internationalen Flug- und Schiffsverkehr). Bis 2050 müssten davon gemäss Bundesamt für Umwelt rund drei Viertel durch Investitionen in technische Massnahmen und Verhaltensänderungen reduziert werden. Im Zentrum stehen hier die energiebedingten Treibhausgasemissionen, also Heizung und Kühlung unserer Wohn- und Bürogebäude, unsere Mobilität sowie die Industrie. Zum Vergleich: In diesen Bereichen hat die Schweiz in den vergangenen 30 Jahren eine Reduktion von rund 17 % erzielt. In den nächsten 30 Jahren müssen die CO₂-Einsparungen also deutlich höher ausfallen. Hier werden weitere technologische Fortschritte im Bereich der Ressourcen- und Energieeffizienz massgeblich für den Erfolg der Emissionsreduktionen sein. Weiter wird die Sanierung von bestehenden Wohn- und Bürogebäuden stark zulegen und der Zubau von erneuerbaren Energien forciert werden müssen. Die Entwicklung läuft zwar bereits in diese Richtung, sie müsste aber von der Politik durch zusätzliche Anreize (wie bspw. höhere Fördermittel und/oder die Bepreisung von CO₂) weiter beschleunigt werden.

Bild: Das Unternehmen Climeworks entwickelt Anlagen, die CO₂ direkt aus der Luft filtern. Ziel des Unternehmens ist es, bis 2025 1 % der jährlichen globalen CO₂-Emissionen aus der Luft zu filtern.

Im Bereich der Mobilität ist der Markt für emissionsfreie Antriebstechnologien noch nicht ganz so weit. Doch die Weichen bei den Automobilherstellern sind gestellt und die Massenproduktion von zahlreichen Hybrid- und Elektrofahrzeugen läuft nun an. Auch der Wasserstoffantrieb bleibt auf der Agenda der Entwickler, da er für Langstreckenfahrten sowie für den Schwerverkehr im Vergleich zur reinen Elektromobilität Vorteile aufweist (vgl. Artikel «Verkehr am Limit», Seite 24). Mit Blick auf Ressourcen- und Energie-effizienz sowie nachhaltige Mobilität bestehen damit schon heute grosse Markt- und Anlagechancen und sie dürften rasant weiter zunehmen. Daher gibt es hierzu auch eine breite Auswahl an bewährten Investitionsmöglichkeiten, mit denen Anlegerinnen und Anleger an diesem Trend partizipieren können, dazu gleich noch mehr.

Substanzieller Bedarf an Negativemissionen in der Schweiz

Den Anteil der nicht vermeidbaren Emissionen in der Schweiz schätzt das Bundesamt für Umwelt auf rund 10 Mio. t CO₂-eq (inkl. internationalen Flugverkehrs). Dies entspricht in etwa dem heutigen CO₂-Ausstoss von ganz Luxemburg, das über 600 000 Einwohner zählt. Diese Gesamtmenge an CO₂ müsste die Schweiz dann jährlich aus der Atmosphäre abscheiden. Wie soll das gehen? Die Bindung von CO₂ im Erdboden wird in der Schweiz, wie erwähnt, eine wichtige Rolle spielen. Eine weitere, bestens bekannte Möglichkeit sind grossflächige Aufforstungen und ein verändertes Forstmanagement. Daneben sehen Fachleute in der Schweiz grosses Potenzial in neuen Agrartechniken in der Landwirtschaft. Weiter haben industrielle Lösungen wie die CO₂-Filter von Climeworks gezeigt, dass auch technologisch grosses Potenzial für CO₂-Abscheidung besteht. Schliesslich könnte CO₂ auch chemisch gebunden und in Zement gespeichert werden. Insgesamt schätzen Fachleute das theoretische Potenzial innerhalb der Schweiz auf rund 6 Mio. Tonnen CO₂ pro Jahr, das tatsächlich realisierbare aber deutlich tiefer. Die Schweiz wird also Stand heute sogar zusätzlich negative Emissionen im Ausland finanzieren und umsetzen müssen.

Übersicht über Methoden der CO₂-Entnahme aus der Luft

Emissionen rückgängig machen oder die Sonneneinstrahlungbeeinflussen: Ist «Geoengineering» sinnvoll, überhaupt machbar und, wenn ja, zu welchem Preis?

Wie sieht die Wirtschaftlichkeit entsprechender Projekte aus?

Je nach Technologie liegen die Kosten für die Negativemissionsprojekte pro Tonne CO₂ heute zwischen 1 (Aufforstungsprojekte) und 1000 CHF (technologische Abscheidungsverfahren). Projekte auf der Transaktionsplattform Carbonfuture verkaufen die Emissionsrechte für eine Tonne CO₂ für 116 EUR. Damit liegen sie nicht mehr viel über der Schweizer CO₂-Abgabe auf fossile Brennstoffe von 96 CHF pro Tonne CO₂. Will die internationale Politik ihre Ziele erreichen, so wird sie nicht umhinkommen, einen Preis für den Ausstoss von CO₂ (sowohl für Brennstoffe als auch für Treibstoffe) gesetzlich festzulegen, der tatsächlich eine lenkende Wirkung entfacht. Negative Emissionen werden spätestens dann ein lukratives Geschäft und eine ebenso spannende Anlagechance. Denn es ist davon auszugehen, dass, sobald sich die finanzielle Tragfähigkeit solcher Technologien bestätigt, eine starke Dynamik für die Umsetzung neuer Projekte und die Gründung neuer Firmen einsetzt. Dann werden auch vermehrt Möglichkeiten für direkte und liquide Anlagen in Negativemissionstechnologien entstehen. Wir prüfen laufend, wie sich die Anlagechancen für Kundinnen und Kunden in diesem Bereich entwickeln, und bieten heute Möglichkeiten für indirekte Anlagen an, wie z.B. via Themenfonds oder Green Bonds.

Quellen:
• Medienmitteilung des Bundesrats vom 28.8.2019
• Bundesamt für Umwelt, CO₂-Statistik 2019: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/daten-indikatoren-karten/daten/co2-statistik.html
• Bundesamt für Umwelt, https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima.html
• Hintergrundpapier «Klimaziel 2050: Netto-Null Treibhausgasemissionen» des BAFU vom 26.2.2020
• Stiftung Risiko-Dialog, The Role of Atmospheric Carbon Dioxide Removal in Swiss Climate Policy, 2019
• Grafik Methoden CO-Entnahme aus der Luft: Akademien der Wissenschaften Schweiz (2018), Swiss Academies Factsheets 13 (4)

Wenn Sie in diesem Bereich investieren möchten:

• JSS Investmentfonds – JSS Sustainable Equity – Gl. Thematic (ehem. OekoSar), ISIN: LU0480508919
• CS Real Estate Fund Green Property, ISIN: CH0100778445
• Vgl. auch Artikel «Impact Investing – verantwortlich anlegen mit Wirkung und Rendite»
Ennio Perna

Ennio Perna

Leiter Fachstelle Nachhaltigkeit

nachhaltigkeit@bkb.ch

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