Home-Office: aus der Nische zum Mainstream

Die Covid-19-Krise hat nicht nur einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft, sondern auch auf alle Sektoren der Wirtschaft. Neben dem Gesundheitssektor ist dank des Trends zum Home-Office auch der Technologiebereich noch stärker in den Fokus gerückt.
Am 16.08.2020 in N° 2/2020 von Hans Peter Schmidlin, Leiter Investment Advisory

Inzwischen wissen es sowohl Arbeitsnehmer als auch Arbeitgeber: Home-Office funktioniert tatsächlich. Wie bei vielen anderen Banken funktionierten die neuen Abläufe auch bei der BKB reibungslos. Und dies, obwohl der Grossteil der Arbeitsplätze der BKB-Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit aus dem Büro nach Hause verlegt werden musste. Statt direkten Kontakt gab es Videoberatung und Telefonkonferenzen. Und gewisse Befürchtungen bestätigten sich nicht, wovon Wirtschaftswissenschafter Michael Beckmann von der Uni Basel schon immer überzeugt war: Die Produktivität im Home-Office nimmt nicht ab, trotz gewisser Nachteile. Viele Unternehmen und Vorgesetzte, die dem Home-Office noch vor wenigen Monaten skeptisch gegenüberstanden, haben das «Meinungslager » gewechselt.

«Work from home» auf dem Vormarsch

Während Roche in Basel gegenwärtig am zweiten Wolkenkratzer mit 2400 neuen Arbeitsplätzen baut, kann sich Jes Staley, Konzernleiter der britischen Barclays Bank, nicht mehr vorstellen, 7000 Menschen in einem Gebäude unterzubringen. Einmal mehr zeigen die Gewinner der Krise, typische «Work from home»-Unternehmen, die Richtung an: Twitter und Google lassen den Mitarbeitern auch nach der Krise freie Wahl, ob sie von zu Hause aus arbeiten wollen oder nicht. Facebook-Chef Mark Zuckerberg erwartet, dass in zehn Jahren jeder zweite Beschäftigte ausserhalb des Büros arbeiten wird.

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IT-Industrie zählt zu den Gewinnern.

Dass die IT- bzw. die Online-Industrie einmal mehr zu den Gewinnern einer Krise gehört, überrascht in diesem Fall nicht wirklich. Online- bzw. «Work from home»-Angebote haben einen weiteren, grossen Schritt vorwärts gemacht. Und wie bei jeder Krise gab es einzelne Unternehmen, die besonders hervorstachen. Beispielsweise die US-Firma Zoom Video Communications, deren Zoom-Video-Software es in kürzester Zeit auf fast jeden Computer schaffte. Ob geschäftlich oder privat, man kommunizierte mit dieser Software. Das Unternehmen konnte seinen Marktwert seit ersten Semester 2020 von USD 20 Mia. auf inzwischen fast USD 160 Mia. mehr als verachtfachen (Update Zoom Marktwert: 21. Oktober 2020).

Home-Office ist in allen Sektoren angekommen. Und es dürfte nicht wieder verschwinden. Entsprechend profitieren Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind. Gleichzeitig dürfte Home-Office, so wie wir es heute kennen, nicht für lange Zeit bestehen. Virtuelle Büros könnten schneller Wirklichkeit werden, als wir uns dies heute vorstellen. Diesdeshalb, weil virtuelle Büros teilweise Schwächen ausmerzen können, die die Arbeit von zu Hause aus aktuellnoch mit sich bringt: das Fehlen von persönlichem und sozialem Kontakt, kreativem Gedankenaustausch und der Verfestigung einer starken Unternehmenskultur.

Unternehmen wie Zoom tragen zusätzlich dazu bei, die Anzahl Geschäftsreisen zu reduzieren. Dass Videokonferenzen funktionieren, konnten viele selbst miterleben. Es ist somit schon fast richtungsweisend, dass die Marktkapitalisierung der erwähnten Firma Zoom im Juni höher war als die der sechs grössten Fluggesellschaften der Welt zusammen (siehe Abb. 10).

Es ist nur schwer vorstellbar, dass in den kommenden Jahren die Reisetätigkeit wieder das Level vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie erreicht. Davon betroffen sind sämtliche in der Reise- und Tourismusbranche tätigen Unternehmen. Dies wiederum hat einen direkten Einfluss auf die Energiebranche, insbesondere den fossilen Energiemarkt. Es ist nicht damit zu rechnen, dass das Vorkrisenniveau der Nachfrage so schnell wieder erreicht wird.

Abb. 10: Marktkapitalisierung von Unternehmen im Vergleich

Marktkapitalisierung der weltweit grössten und börsennotierten Fluggesellschaften (nach Umsatz in US-Dollar) im Vergleich zu Zoom Video Communications Inc.; Quelle: BKB, Bloomberg (Update Grafik: 21. Oktober 2020).

 

Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

Mit den positiven Erfahrungen vom Home-Office könnte sich auch die Nachfrage nach Büroflächen verringern. Tatsächlich gehen Immobilienexperten davon aus, dass die Nachfrage nach Geschäftsräumen abnehmen könnte. Doch auch bei Wohnungen ist wohl ein Umdenken zu erwarten: Während die Nähe einer Wohnung zum Arbeitsplatz vor Corona noch ein wichtiges Kriterium darstellte, könnten Immobilien in ländlichen Gegenden interessanter werden. In der Folge erhält die Telekommunikation einen noch höheren Stellenwert. Denn die Videokommunikation aus dem Home-Office verlangt höhere Bandbreiten.

Grosse Veränderungen und Innovationsschübe realisierten sich historisch oft während Krisen, insbesondere in den vergangenen 100 Jahren. Die Bedrohungen durch das Virus und die globale Erwärmung bergen Risiken, sie bringen aber auch neue Chancen und Innovationen

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