Wenn Frauen durchstarten: Mit Zuversicht ins Unternehmertum

Nadia Breitenstein hat den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und eine Agentur für Stellenvermittlung aufgebaut – und das ohne finanzielle Sicherheiten. Wie hat sie das geschafft? Ein Beitrag über Mut, Entschlossenheit und die Bürgschaftsgenossenschaft SAFFA, die sich auf die Unterstützung von Unternehmerinnen spezialisiert hat.
Am 20.03.2024 in Finanzierungen von Olivia Zurbuchen

Auf einen Blick

  • Im Jahr 2022 entschied die erfahrene Personalvermittlerin Nadia Breitenstein (40), sich selbstständig zu machen. Mit der breitenstein works GmbH gründete sie in Laufen ihre eigene Agentur. Inzwischen beschäftigt sie vier Angestellte.
  • Weil das Geschäftsmodell von Nadia Breitenstein überzeugte, ihr aber die finanziellen Sicherheiten fehlten, erhielt sie eine Bürgschaft der Genossenschaft SAFFA. Die BG SAFFA mit Sitz in Basel fördert seit 1931 gezielt Firmengründerinnen und Unternehmerinnen.
  • Die Basler Kantonalbank arbeitet eng mit der SAFFA zusammen, um Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten und zu unterstützen.
Warum sich Frauen bei der Firmengründung mehr zutrauen sollten – und wie sie dennoch einen Bankkredit erhalten, auch wenn die privaten Mittel nicht ausreichen: Darüber sprechen Firmengründerin Nadia Breitenstein (NB) und Andrea Theunert (AT), Geschäftsführerin der BG SAFFA, im nachfolgenden Interview.

Frau Breitenstein, wie kam es, dass Sie sich für die Selbstständigkeit entschieden?
NB: Als ich 2019 eine Weiterbildung in Betriebswirtschaft absolvierte, erstellte ich im Rahmen der Abschlussarbeit einen Businessplan für die Gründung einer eigenen Firma. Das brachte mich auf den Gedanken, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Im April 2022 machte ich mich dann im Alter von 38 Jahren selbstständig.

Kostete Sie dieser Schritt viel Überwindung?
NB: Ja und Nein. Einerseits war ich schon über Jahre als Stellenvermittlerin tätig und erhielt von den Kunden gute Feedbacks. Sie sagten mir: Nadia, wohin du gehst – wir folgen dir. Das gab mir natürlich eine gewisse Sicherheit, wie auch der Umstand, dass mein damaliger Lebenspartner und heutiger Ehemann ebenfalls ein Einkommen erzielte und somit die privaten Grundkosten sichergestellt waren.

Aber?
NB: Ich hatte schon auch Zweifel. Beim Ausarbeiten des Businessplans war mir klar geworden, dass ich die benötigten finanziellen Mittel nicht aus eigener Kraft aufbringen kann. Das brachte mich auf die Idee, mich bei der Bürgschaftsgenossenschaft SAFFA zu melden. Doch vor der Vorstellung, mich gegenüber einem Komitee vorzustellen und ein Finanzierungsgesuch samt Businessplan einzureichen, hatte ich Respekt.

Frau Theunert, ist dieses Feedback typisch?
AT: Wir machen häufig die Beobachtung, dass Frauen zu wenig an sich glauben und «einen Schupf» brauchen. Das lässt sich bei den Bürgschaftsgesuchen immer wieder feststellen. Während Männer dafür bekannt sind, selbstbewusst Kreditbegehren zu stellen, wollen es Frauen lieber bescheiden angehen.

Wie äussert sich das?
AT: Wenn wir Gesuche prüfen, sind die beantragten Beträge oft deutlich zu tief. Ich habe erlebt, dass Gründerinnen mit einem Monatslohn von 3000 Franken kalkulieren – damit kommt man aber kaum über die Runden. Offensichtlich wollen Frauen nicht zur Last fallen. Es belastet sie, bei jemanden in der Schuld zu stehen. Deshalb rechnen sie oft auch zu wenig Reserven ein. Es ist aber essenziell, bei einer Firmengründung über ein gewisses finanzielles Polster zu verfügen.

Das Unternehmen von Nadja Breitenstein

  • Als Inhaberin der breitenstein works GmbH ist Betriebswirtin Nadia Breitenstein (40) auf die Stellenvermittlung und Personalrekrutierung in der Industrieproduktion, Pharma und im Baunebengewerbe spezialisiert. In diesem Geschäftsfeld ist sie seit vielen Jahren tätig. Ihre Firma mit Sitz in Laufen und vier Angestellten hat sie im April 2022 gegründet.
  • Mehr Informationen: www.breitenstein-works.ch
Frau Breitenstein, war das in Ihrem Fall auch so?
NB: Absolut. Ich bin zwar eine kommunikative und offene Person. Am Anfang stand mir aber der Stolz im Weg, um nach Hilfe zu fragen. Im Nachhinein hätte ich mutiger auftreten sollen, denn die Liquidität ist wohl bei jedem Startup ein grosses Thema. Das weiss ich jetzt. Was ich an dieser Stelle betonen möchte: Die BG SAFFA ist eine äusserst wertvolle und wichtige Institution. Ohne ihre Unterstützung hätte ich mit meinem Geschäft sehr wahrscheinlich nicht loslegen können. Gewiss nicht so unkompliziert.

AT: Solche Feedbacks machen uns grosse Freude. Genau das möchte die BG SAFFA mit ihren Bürgschaften erreichen: Dass Frauen mutiger sind und sich trauen, ihre Berufsziele zu verwirklichen. Voraussetzung ist natürlich ein überzeugendes Geschäftsmodell.

NB: Das Vorlegen von Budget, Finanzplan und anderen detaillierten Unterlagen ist zweifellos mit einem grossen Aufwand verbunden. Allerdings habe ich vom Austausch mit der BG SAFFA stark profitiert, weil er mir half, mich bestmöglich auf die Selbstständigkeit vorzubereiten und verschiedene Szenarien durchzuspielen.

Was raten Sie Frauen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen?
AT: Glaube an dich und dein Projekt. Mache gute Abklärungen – und probier’s. Nichts ist schlimmer als sich irgendwann eingestehen zu müssen: Warum habe ich es bloss nie gewagt? Die BG SAFFA ist seit über 90 Jahren für Frauen da, die nicht über ausreichende finanzielle Sicherheiten verfügen, aber eben über eine überzeugende Geschäftsidee. Zögert nicht, euch zu melden!

NB: Diesen Worten schliesse ich mich gerne an. Was ich den Frauen zudem auf den Weg geben möchte: Habt keine Angst davor, Hilfe anzunehmen. Ihr könnt nicht alles wissen – das kann niemand. Es ist kein Gesichtsverlust, Fragen zu stellen. Geht auf die Menschen zu, sprecht eure Bedürfnisse an.

BG SAFFA und Basler Kantonalbank: Das passt gut zusammen. Schliesslich hat die Basler Kantonalbank das Förderprogramm KMUimpuls für kleinere und mittlere Unternehmen in der Region ins Leben gerufen. Unter anderem durch die enge Zusammenarbeit mit der Bürgschaftsgenossenschaft sollen Firmengründungen ermöglicht und so die Voraussetzungen für eine florierende Wirtschaft geschaffen werden.

Das Fördermodell der BG SAFFA

  • Damit Firmengründerinnen Kredite von Banken mit attraktiven Konditionen erhalten, leistet die BG SAFFA seit 1931 schweizweit Sicherheitsleistungen von verbürgten Bankkrediten. Dadurch soll Frauen der Weg in die Selbstständigkeit ermöglicht werden. Wie Geschäftsführerin Andrea Theunert erklärt, gingen 2023 rund 40 Gesuche ein, wovon 20 gutgeheissen wurden. Die Bürgschaften beliefen sich durchschnittlich auf 170 000 Franken. Bedingung für einen positiven Bescheid sind unter anderem eine überzeugende Geschäftsidee und ein makelloser Businessplan. Die BG SAFFA gehört als eine von vier anerkannten Bürgschaftsgenossenschaften zur KMU-Förderungspolitik des Bundes. Ihr Sitz befindet sich in Basel.

Mehr Informationen:


3 Fragen an Olivia Zurbuchen

Geschäftskundenberaterin Basler Kantonalbank

Frau Zurbuchen, welche Herausforderungen stellen sich typischerweise für Frauen, die sich selbstständig machen?

Frauen agieren oftmals vorsichtiger in der Umsetzung ihrer Businessideen. Dies zeigt sich beispielsweise bei tieferen Wachstumsprognosen und zu tief ausgewiesenem Liquiditätsbedarf im Businessplan. Dies gilt es kritisch zu prüfen, damit keine Liquiditätsengpässe entstehen und das Wachstum auch finanziert werden kann. Mit dieser Sichtweise im Businessplan agieren dann die Unternehmerinnen oftmals nachhaltiger und antizipieren schon zu Beginn den notwendigen Liquiditätsbedarf. Ich rate hier meinen Kundinnen generell, einfach mutig sein und mit Selbstvertrauen ihre Businessidee umzusetzen.

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht ein klar strukturierter Finanzierungsplan für angehende Unternehmerinnen und wie unterstützt die BKB bei dessen Erstellung?

Der Businessplan ist für uns von entscheidender Bedeutung. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Um ein Kreditgesuch prüfen zu können, ist es wichtig, dass wir das Geschäftsmodell mit seinen Chancen und Risiken nachvollziehen können. Dazu gehören die feinsäuberliche Analyse von allen Bestandteilen eines Businessplans wie zum Beispiel Marktsituation, Konkurrenz, Personal ebenso wie Budget und Liquiditätsplanung. Als BKB nehmen wir eine beratende Rolle ein: Wir spiegeln den Businessplan kritisch und Arbeiten bei der Erstellung mit unseren Startup-Partnern zusammen wie der Startup Academy oder dem Business Parc Reinach.

Wie kooperiert die BKB mit der BG SAFFA?

Bei jedem Kreditgesuch werden verschiedene Parameter geprüft. Je nach Businessplan und Finanzierungsanfrage kann es sein, dass der Risikoappetit der BKB überschritten wird – dann verweisen wir Firmengründerinnen gerne an die BG SAFFA. Spricht die SAFFA dann eine Bürgschaft, kann oftmals der Kredit grosszügiger ausgestaltet werden. Mit ihren Bürgschaften leistet die SAFFA einen sehr wertvollen Beitrag zur Förderung der KMUs und der Unternehmerinnen in der Region und der ganzen Schweiz.

Olivia Zurbuchen

Geschäftskundenberaterin, Basler Kantonalbank